■ Die Anderen: "Le Progres" zur WM und den ausländerfeindlichen Thesen von Le Pen / "Liberation" zur WM / "Standard" zu den ausländerpolitischen Thesen der CSU
Nach Ansicht von „Le Progres“ aus Lyon widerlegen die WM-Erfolge auch die ausländerfeindlichen Thesen von Le Pen: Es ist noch nicht so lange her, daß es der Führer einer rechtsradikalen Partei [Jean-Marie Le Pen] angemessen fand, über die angebliche ethnische Überfremdung unserer Mannschaft zu klagen. Und er spottete darüber, daß unsere Spieler noch nicht einmal die Marseillaise singen könnten. Nun hat das Geschehen auf dem Fußballplatz gezeigt, was dies für eine Dummheit war. Frankreichs Equipe kann einem Jungen danke sagen [dem zweifachen Torschützen Lilian Thuram], der schwarzer Hautfarbe ist und die Nationalhymne nicht nur singen kann, sondern ihr vor allem große Ehre macht.
Zum Finale der Fußball-WM heißt es in „Libération“: Die Globalisierung, der Aufstieg der Einwandererkinder, die europäische Herausforderung, all dies wird mit dem Weiterkommen einer zusammengeschweißten Mannschaft sichtbar, deren Eltern oft woanders geboren sind und die fast alle im Ausland spielen. Es gibt keinen Chauvinismus, die Aufmerksamkeit für das Spiel und seine Eleganz bleibt. Die Entscheidungen der Schiedsrichter werden rundweg akzeptiert, bis hin zu Fehlentscheidungen. All dies wird natürlich nur so lange anhalten, wie die sportlichen Träume andauern. Schon am Montag morgen werden die bösen Fermente, die in einem geteilten Frankreich am Werk sind, wieder ihr Werk beginnen. Für den vernachlässigten Teil der Bevölkerung wird die WM nur eine Eintagsfliege gewesen sein, eine brüderliche Illusion. Aber diese Illusionen sind nützlich: Sie ändern die Einstellungen.
Der Wiener „Standard“ kritisiert die ausländerpolitischen Thesen der CSU: Ausgerechnet in einem bayerischen Kloster hat sich die CSU auf eine Stimmungsmache gegen Ausländer eingeschworen. Mit ihren ausländerpolitischen Forderungen begibt sich die Partei in eine gefährliche Nähe zu den Rechtsextremen. Die Partei, die sogar das Wort „christlich“ in ihrem Namen führt, hat nicht nur potentielle Einwanderer als Feindbild ausgemacht, sondern attackiert nun auch in Deutschland lebende Ausländer. Die Bayern- Partei will bloß Stimmungen zu Stimmen machen. Um kurzfristige Wahlziele zu schaffen, nehmen konservative Politiker eine Verschlechterung des Klimas in Kauf. Damit wird die Atmosphäre vergiftet, Ausländerfeindlichkeit geschürt und die Integration von hier lebenden Ausländern gefährdet. Es ist schon erschreckend genug, daß nach der Sachsen-Anhalt- Wahl im April, als die DVU auf Anhieb 13 Prozent erzielte, rechtsradikale Parteien sich zunehmender Akzeptanz erfreuen. Es sollte auch zu Wahlkampfzeiten politischer Konsens sein, daß eine Volkspartei die Parolen der Herren Gerhard Frey und Franz Schönhuber nicht salonfähig macht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen