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■ Die AnderenÜber mögliche Auswirkungen der Bundestagswahl auf die italienische Politik schreibt "La Stampa" (Turin) / Die "Washington Post", der "Daily Telegraph" (London) und "Le Monde" beurteilen die Situation um Clinton

Über mögliche Auswirkungen der Bundestagswahl auf die italienische Politik schreibt „La Stampa“ aus Turin: Das problematischste Ergebnis für die Regierung in Rom wäre, wenn es in Deutschland zu einer Großen Koalition käme. Denn dann könnte das deutsche Beispiel einen Magneteffekt auf die politischen Kräfte in Italien haben. Ständig zurückgeworfen durch Kommunistenchef Bertinotti, könnte Ministerpräsident Prodi gezwungen sein, Leihstimmen für den Haushalt zu fordern. Wenn diese Rettungsaktion im Kielwasser einer Großen Koalition in Deutschland erfolgen würde, dann hätte sie nicht nur den Aspekt eines improvisierten Auswegs. Sie würde vielmehr als authentischer Wechsel der Mehrheit betrachtet. Ja, mehr noch, als erste Generalprobe einer Umformung der politischen Lager.

Die „Washington Post“ befürchtet eine endlose Schlammschlacht um Clinton: Der Kongreß wird entscheiden müssen, ob etwas und was zu tun ist. Es wird ein Desaster, wenn dieser Prozeß in eine Schlammschlacht ausartet, wie es in der Vergangenheit bei anderen Untersuchungen über das Verhalten eines Präsidenten der Fall war. Wir brauchen eine Beurteilung, die sich rational mit der Frage auseinandersetzt, wie das Land für den Rest der Amtszeit des Präsidenten regiert werden soll. Die Demokraten halten dazu, eher als die Republikaner, den Schlüssel in der Hand.

Der Londoner „Daily Telegraph“ beurteilt Clintons Position skeptisch: Eine Reihe von Demokraten fragen sich schon, ob es nicht im Interesse der Demokraten läge, Clinton aus dem Weißen Haus zu vertreiben und dort Vizepräsident Gore einzusetzen. Die Demokratische Partei ist Clinton nicht viel schuldig. Die Parteikasse ist für seine Wiederwahl 1996 geplündert worden, und die Partei mußte eine erhebliche Schuldenlast auf sich nehmen. Als es der Demokratischen Partei nicht so gutging und er auf der Welle der Popularität ritt, dachte sich Clinton eine Strategie aus, mit der sich das Weiße Haus von seinen Verbündeten auf Capitol Hill absetzen sollte. Diese Ohrfeige ist noch nicht vergessen.

„Le Monde“ kritisiert die Untersuchungen gegen Clinton: Es ist noch nicht zu Ende. Auf Basis von Starrs Bericht wird der Kongreß entscheiden, ob gegen Clinton das Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wird oder nicht. Aber egal wie der Kampf Clintons gegen Starr ausgehen wird – er hat schon ein Opfer gefordert: Die präsidiale Institution ist dauerhaft geschwächt. Es ist für eine französische Zeitung immer schwierig, die fehlende Kontrolle des Präsidenten zu kritisieren. Bei uns leiden wir an einer unzureichenden Kontrolle, nicht an einem Übermaß. Aber die Untersuchung Starrs zeigt die Gefahr, daß vom obersten Staatsamt politische Talente ausgeschlossen werden, die keine Ausbunde an Tugend sind.

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