piwik no script img

■ Die AnderenDas rot-grüne Steuerpaket lobt „Financial Times“ / Das „Handelsblatt“ sieht die rot-grünen Steuerpläne komplett anders / Zum Zwist in der SPD-Führung schreibt „Algemeen Dagblad“ / Der „Standard“ analysiert die Lage der SPD

Das rot-grüne Steuerpaket lobt das britische Wirtschaftsblatt „Financial Times“: Dieser Steuerplan gibt Anlaß zur Hoffnung. Er ist ziemlich bescheiden und läßt sich – vielleicht unvermeidbar im Hinblick auf das ungünstige Klima der Weltwirtschaft – schrittweise verwirklichen. Aber die darin enthaltene Betonung größerer Transparenz ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Für die Steuerreform ist, wie auch für andere schwierige Themen in Deutschland, eine Regierung erforderlich, die bereit ist, schnell und vernünftig zu handeln, und die über die Macht verfügt, die Gesetzesvorhaben durchzusetzen. Diese Pläne zeigen, daß in einer rot-grünen Koalition zumindest das Potential für eine solche Regierung steckt.

Das „Handelsblatt“ sieht die rot-grünen Steuerpläne komplett anders: Getreu ihrem Wahlversprechen will die SPD „die wahren Leistungsträger der Nation“ am unteren Ende der Einkommensskala entlasten und sattelt beim Mittelstand kräftig drauf. Eindeutige Verlierer der Reform sind die Selbständigen und die Unternehmen, die die Bruttoentlastung von 44 Milliarden Mark nahezu allein durch Streichung von Steuervergünstigungen finanzieren müssen. Einige der jetzt geplanten Maßnahmen hatte auch die Regierung Kohl im Köcher, doch als Teil eines Gesamtpakets mit drastisch gesenkten Steuersätzen. Die neue Koalition aber will offenbar ganz im sozialliberalen Stil der 70er Jahre einseitig die Belastbarkeit der Wirtschaft testen – ein angesichts der weltwirtschaftlichen Kalamitäten waghalsiges Unterfangen.

Zum Zwist in der SPD-Führung schreibt das „Algemeen Dagblad“ aus Rotterdam: Schröder ist es gelungen, die politische Havarie zu begrenzen, indem er Scharping überredete, doch noch Minister zu werden. Es ist das zweite Mal, daß der linke Lafontaine seinen gemäßigten Rivalen Scharping aus einer wichtigen Funktion vertreibt. Scharping verfügt über fundierte Kenntnisse in der Verteidigungspolitik, aber als Politiker ist er kein Star. Vor allem als Redner ist er schwach. In einer Rede verwechselte er einmal brutto mit netto. Seitdem gilt er als Provinzpolitiker.

Der Wiener „Standard“ analysiert die Lage der SPD: Zwei Wochen nach dem Wahlsieg hat das Bild der Geschlossenheit, das die SPD im Wahlkampf zur Schau trug, Risse bekommen. Es zeigt sich, daß nur aus Rücksicht auf den Wahltermin alle Konflikte unter den Teppich gekehrt wurden. Zu den alten Fehden, die wieder aufleben, kommen neue Auseinandersetzungen. Die Partei kann nach dem klaren Wahlsieg einer Richtungsentscheidung nicht mehr ausweichen. Die Sozialdemokraten stehen vor der Frage, ob sie nun dem erfolgversprechenden Weg Schröders in Richtung „neue Mitte“ folgen sollen oder lieber auf den ausgetretenen Pfaden Lafontaines bleiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen