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■ Die Anderen"Le Figaro" und "La Croix" schreiben zum Streit um den geplanten Stopp der atomaren Aufarbeitung deutscher Brennstäbe in Frankreich / Die "Neue Zürcher Zeitung" kommentiert die Reaktion der OSZE auf die Taktik Milosevic's

„Le Figaro“ aus Paris schreibt zum Streit um den geplanten Stopp der atomaren Aufarbeitung deutscher Brennstäbe in Frankreich: Der Streit um die Aufarbeitung der atomaren Abfälle, der Paris und Bonn entzweit, ist eine sehr schlechte Nachricht. Sie ist nicht im Sinne von Premierminister Jospin. Doch man muß sich hüten, darüber zu lächeln. Die aufgeworfene Frage geht weit über die politischen Zänkereien oder die Zukunft der rot-grünen Koalitionen in Europa hinaus. Es ist eine Staatsangelegenheit, da es dabei um die Frage unserer energiepolitischen Unabhängigkeit geht. Kurzum: Wird sich unter deutschem Druck die Ökokratie in Frankreich durchsetzen?

Der Besuch von Daniel Cohn-Bendit in der Anlage von La Hague, das Diktat des deutschen Ministers Jürgen Trittin, die gegen Wirtschaftsminister Dominique Strauss-Kahn hervorgebrachten Anschuldigungen, die Auflösungsdrohung, die über den Verträgen der Cogema schwebt – all das zeigt, daß sich die Grünen nicht mehr damit begnügen wollen, Hilfstruppe zu spielen. Für sie ist die Zeit des Kompromisses vorbei. Die reine und harte Ökologie will dem im Aufbau befindlichen Europa ihren Stempel aufdrücken.

„La Croix“, ebenfalls aus Paris, schreibt zum gleichen Thema: Muß man den Tod dieser Energiequelle programmieren? In Deutschland – wo die Grünen an der Macht beteiligt sind – ist die Antwort gerade gefallen: Die Atomenergie wird gestoppt werden müssen – eines Tages. Wann? Wenn man sich erinnert, daß die gleiche Sache 1980 in Schweden per Referendum beschlossen worden war, doch seine zwölf Atomkraftwerke 1998 noch fünfzig Prozent der Elektrizität des Landes produzierten, dann sieht man, daß sich der Übergang zur Tat nicht dekretieren läßt.

Frankreich hat vor dreißig Jahren ganz klar seine Wahl getroffen. Was es erlaubt, die Unsicherheit in den Köpfen aufrechtzuerhalten, ist weniger die vom Funktionieren der Atomkraft ausgehende Gefahr als die Hypothese schrecklicher Unfälle. Das ermöglicht es, Phantastereien zu verbreiten, ohne Beweise vorzulegen.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ kommentiert die Reaktion der OSZE auf die Taktik des jugoslawischen Präsidenten Milošević: Der abnehmende politische Wille, gegen die Salamitaktik von Milošević mit dem einzigen Mittel, das er versteht, vorzugehen, rächt sich jetzt erneut. Hilflos verdammt die Welt das Massaker von Racak und verurteilt die Ausweisung Walkers. Eine Lösung könnte nur ein Krieg gegen Milošević bringen – so wie nur die Entfernung des Diktators Saddam Hussein einen Ansatz zur Krisenbewältigung am Golf ergäbe. Gerecht wäre ein Krieg gegen Miloševićs menschenverachtendes Regime, weil die Verbrechen gegen die Menschlichkeit nur zu sühnen sind, wenn ihr Urheber von der Macht verjagt ist.

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