■ Die Anderen: Zur Korruptionsaffäre in den Reihen des IOC schreiben „La Repubblica“, „Liberation“ und „Independent“ / „Le Journal du Dimanche“ aus Paris zur Spaltung der Front Nationale
Zur Korruptionsaffäre in den Reihen des IOC und dem Rücktritt eines libyschen IOC-Mitglieds schreibt „La Repubblica“: Und wieder ist einer weg. Zum Rücktritt gezwungen, weil er sich zu weit vorgewagt hatte. Die Aktion ,Saubere Spiele' hat ein weiteres Opfer gefordert. Aber die Selbstreinigung durch die Rücktritte ist besser, als das Abführen in Handschellen vor laufenden Fernsehkameras. Das IOC, eine Art UN des Weltsports, eine olympische Regierung, die über allen und über allem steht, verliert von Tag zu Tag. Es verliert Glaubwürdigkeit und Ansehen. Um das Unwetter zu überleben, ist das IOC nun gezwungen, seine Söhne zu opfern und die Verdorbenheit und Korruption zuzugeben.
„Libération“ votiert für eine grundlegende Selbstbesinnung der olympischen Bewegung: Das sportliche Spektakel ist eine immense Herausforderung im weltweiten wirtschaftlichen Wettbewerb geworden. Druck der Sponsoren, das Gewicht des Fernsehens, hinter den Projekten für eine europäische Fußball-Superliga, für Rugbyturniere treffen sich zwei Welten. Von der Fußball-Weltmeisterschaft alle zwei Jahre bis zum Kampf um die Macht im IOC stellt sich dieselbe Frage. Wer kontrolliert den Sport? Die Staaten, die Clubs, die Föderationen oder die Magnaten des Fernsehens, wenn sich ihre Chefs nicht den Kuchen teilen? Der bevorstehende Sturz von Samaranch allein wird nichts lösen.
Zu den Bestechungsvorwürfen gegen das IOC schreibt der britische „Independent“: Herr Samaranch ist wohl noch nicht bereit, sich in das Samurai- Schwert zu stürzen, das ihm von der Stadt Nagano bei den Olympischen Winterspielen 1998 geschenkt worden ist. Aber zumindest gibt es jetzt Anzeichen dafür, daß einige kritische Mitglieder des IOC bereit sind, ein wenig bei seinem Sturz nachzuhelfen. Sie verdienen die denkbar stärkste Unterstützung. Es ist schon seit einiger Zeit sonnenklar, daß ein Rücktritt von Samaranch eine Voraussetzung dafür ist, die Reputation der olympischen Bewegung zu retten. Allerdings ist es nicht genug, den alten Diktator wegzuschicken. Das IOC braucht eine tiefgreifende Reform.
„Le Journal du Dimanche“ aus Paris schreibt zur Spaltung der Front Nationale: Ist Bruno Megrét dabei, sein politisches Grab zu schaufeln? Auch wenn man bei der Front Nationale – wie bei jedem Gift – vorsichtig sein muß, ist die Antwort „ja, vielleicht“ nicht unmöglich. Da es seit gestern zwei FN mit zwei Vorsitzenden gibt, wäre das Verschwinden Megréts angesichts der Abnutzung Le Pens eine gute Nachricht. Man neigt eher dazu zu sagen, daß sich Megrét durchsetzen wird, weil er moderner als Le Pen ist. Wenn er aber an die Macht gelangen will, muß er bei den Wahlen Erfolg haben. Und das ist nicht sicher. Denn Megrét hat kein Charisma. Er ist grau, langweilig und hat nicht diesen populistischen Spott Le Pens.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen