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Archiv-Artikel

Die AKW-Aufrüstung in Schweden freut die europäische Atomlobby Das falsche Signal

Schweden steigt nicht aus dem Atomausstieg aus, behauptet die Regierung in Stockholm. Wie soll man es aber dann nennen, wenn im Land bald mehr Atomstrom produziert wird als je in der Vergangenheit? Die Regierung hat grünes Licht gegeben, aus den verbliebenen drei AKWs mehr Strom herauszuquetschen, als vorher vier geliefert haben. In Deutschland hätte es aus Sicht der Atomlobby für solche Entscheidungen schon einer schwarz-gelben Regierung bedurft. In Schweden erledigen den faktischen Ausstieg aus dem Ausstieg die Parteien, die ihn einst beschlossen haben. Man kann das flexibel nennen. Schizophren trifft den Sachverhalt wohl eher.

Der in einer Volksabstimmung auf 2010 terminierte Ausstieg Schwedens aus der Atomkraft kann fristgerecht nicht mehr realisiert werden. Damit musste sich mittlerweile auch die Antiatombewegung abfinden. Den unbequemen Volkswillen einfach nicht umzusetzen, lautete die erfolgreiche Taktik, die in trauter Eintracht die Stromwirtschaft und Regierungen unterschiedlicher Couleur – an der Spitze immer die Sozialdemokraten – betrieben. Sie reden zwar gern von der Atomkraft als einer „technisch überholten Form“ der Stromproduktion. Aber für die Formulierung einer alternativen Energiepolitik fühlen sie sich nicht zuständig. Das wird der Stromwirtschaft überlassen. Und die agiert, wie sie will.

Als „Idiotie“ brandmarkten die Grünen die Genehmigung des Antrags auf Produktionssteigerung durch die Regierung. Dabei sind die Grünen Partner der Regierung Persson. Doch in diesem zentralen grünen Thema haben sie ihr Mitspracherecht der Teilhabe an der Macht geopfert. Hier können sich die Sozialdemokraten ihre Mehrheiten woanders suchen und finden sie auch. Das sind die Feinheiten eines Systems mit Minderheitsregierung. In Resteuropa kommt nur an: Die „rot-grüne“ Regierung in Schweden baut die Atomkraft aus, nachdem schon Finnland an einem nagelneuen AKW baut. Die Atomlobby reibt sich die Hände und sammelt Puzzleteile für die Propagierung der erhofften Trendwende. REINHARD WOLFF