piwik no script img

Diät bei der Diätenerhöhung gefordert

■ Parteien hadern mit schlechtem Image/ Spitzenpolitiker empfehlen Verzicht auf Einkommenssteigerung

Berlin. Um exakt 4,96 Prozent könnten die Berliner Abgeordneten ihre Diäten in diesem Jahr erhöhen– wenn sie wollten. Diese Zahl errechnete gestern eine eigens zu diesem Zweck einberufene »Diätenkommission« auf Grundlage der Daten der allgemeinen Kosten- und Einkommensentwicklung. Die Kommission, der Vertreter des Landesrechnungshofes, des statistischen Landesamtes, der Verbraucherzentrale, des Bundes der Steuerzahler und der Tarifpartner angehören, wird bereits seit Jahren von den Abgeordneten mit dieser Aufgabe betraut, um ihnen in dieser, für ihr Ansehen so gewichtigen Frage Entscheidungshilfe zu geben.

Bereits im letzten Jahr verzichteten die Parlamentarier auf eine Diätenerhöhung und auch in diesem Jahr soll das Salär nicht angehoben werden. So lautet zumindest der erklärte Wille der Fraktionsspitzen von CDU und SPD sowie der Oppositionsparteien. Die Sprecher von CDU und SPD halten eine Diätenerhöhung angesichts der sozialpolitischen Situation für nicht vermittelbar. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/ Bündnis 90, Renate Künast, findet die Debatte überflüssig, solange keine Angleichung der Ost- an die Westgehälter erfolgt ist, und auch für den haushaltspolitischen Sprecher der FDP, Jürgen Biederbick, kommt eine Aufstockung des Salärs nicht in Betracht. Er kenne keinen in seiner Fraktion, versichert Biederbick, der das anders sehe. So sicher können sich die Fraktionsspitzen der beiden Regierungsparteien nicht sein. Denn grundsätzlich, so CDU- Sprecher Markus Kaufmann, »kann man Politikergehälter nicht in alle Zukunft einfrieren«. Auch beim Regierungspartner SPD regt sich verhaltener Unmut darüber, daß die Diäten sich seit Jahren am unteren Ende der Einkommensentwicklung bewegen, das Image der Abgeordneten als Zuwendungsempfänger gleichwohl äußerst schlecht ist. Das liegt, nach Kaufmanns Einschätzung, an »dem Eindruck eines Selbstbedienungsladens«, den das Parlament macht. Diesem Makel will Parlamentspräsidentin Hanna-Renate Laurien nun Abhilfe verschaffen. Sie will, so ihre Sprecherin Ute Herdmann, die Kompetenzen der Diätenkommission dahingehend erweitern, daß deren Berechnungen »den Charakter einer dringenden Empfehlung« erhalten. Auf solch objektive Grundlage gestellt, ließe sich eine Diätenerhöhung zumindest argumentativ besser vertreten. Der wissenschaftliche Parlamentsdienst soll nun die rechtliche Grundlage eines solchen Vorgehens prüfen. Unabhängig davon wollen die Fraktionen von SPD und CDU am kommenden Dienstag darüber beraten, ob sie sich mit ihrem Grundsalär von 4.790 Mark und der steuerfreien Kostenpauschale von 1.300 Mark, die sie seit Juli 1990 monatlich erhalten, auch weiterhin bescheiden wollen. dr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen