Deutsch in französischen Schulen: „Isch nischt spreschen allemande“
In Frankreich soll der Deutsch-Unterricht zurückgeschraubt werden. Europaabgeordnete sehen darin eine „Gefahr für die deutsch-französische Freundschaft“.
STRASSBOURG afp | Der Kritik an den Reformplänen für den Deutschunterricht in Frankreich haben sich auch drei Europaabgeordnete aus beiden Ländern angeschlossen. „Der Plan der sozialistischen Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem, die zweisprachigen Klassen abzuschaffen, stellt eine Gefahr für die deutsch-französische Freundschaft dar“, betonen Alain Lamassoure von der konservativen französischen Ex-Regierungspartei UMP, Herbert Reul (CDU) und Angelika Niebler (CSU) in einer am Montagabend veröffentlichten gemeinsamen Erklärung.
Der Erfolg der deutsch-französischen Zusammenarbeit hänge zum großen Teil davon ab, dass junge Leute auf beiden Seiten des Rheins die Sprache des Nachbarn lernen, mahnen die Europaparlamentarier. Außerdem trügen Aufenthalte im Nachbarland – etwa im Rahmen eines Schulaustauschs, des Erasmus-Programms für Studenten oder auch durch Städtepartnerschaften – wesentlich zum gegenseitigen Verständnis bei.
„Der Motor des europäischen Aufbauwerks muss weiterhin Französisch und Deutsch sprechen“, fordern die Angeordneten. Er dürfe nicht von einer „englischsprachigen Bedienungsanleitung“ abhängig sein. Die Pariser Regierung müsse „ihre Pläne gegen das Deutschlernen umgehend aufgeben.“
Stein des Anstoßes ist eine geplante Reform der französischen Mittelschulen, der Collèges. Unter anderem sollen ab dem Schuljahr 2016 Klassen weitgehend abgeschafft werden, in denen Schüler schon ab dem sechsten Schuljahr – also mit elf Jahren – zwei Fremdsprachen unterrichtet bekommen, meist Englisch und Deutsch. Sonst kommt am Collège, einer vierjährigen Gesamtschule zwischen Grundschule und Gymnasium, derzeit die zweite Fremdsprache erst zwei Jahre später hinzu, in der achten Klasse. Dies soll mit der Reform nun für alle Schüler um ein Jahr vorgezogen werden.
Auch die deutsche Botschafterin in Paris, Susanne Wasum-Rainer, hatte das Vorhaben kritisiert. Die Zahl der Deutschschüler werde dadurch „beträchtlich“ sinken, warnte sie. Dies werde „weitreichende negative Folgen“ für deutsch-französischen Programme haben – und für die deutsch-französischen Beziehungen insgesamt.
Die französische Bildungsministerin weist diese Kritik zurück. Mit dem vorgezogenen Unterricht einer zweiten Fremdsprache für alle Mittelschüler solle auch der Deutschunterricht gestärkt werden, betont die Sozialistin. Kritiker befürchten hingegen, dass die Zahl der Deutschschüler letztlich stark sinken sind, weil viele Schüler das für Franzosen leichtere Spanisch vorziehen werden.
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