Der taz FUTURZWEI-Fragebogen : Was hat Ihr Denken beeinflusst, Melika Foroutan?
Melika Foroutan ist Schauspielerin, neuerdings auch Kommissarin im ARD-Tatort. Sie wurde in Teheran geboren, wuchs nach der Flucht ihrer Familie in Boppard am Rhein auf und lebt in Berlin.
taz FUTURZWEI | Was hat Ihr Denken beeinflusst?
Die interkulturelle Ehe meiner Eltern, die Flucht meines Vaters aus Iran und unser anschließendes Leben im Exil in einer deutschen Kleinstadt.
Wer hat Ihr Denken beeinflusst?
Meine Familie, sie ist groß und in vielen Punkten nicht immer einer Meinung. Seit ich ein kleines Kind war, wurde um mich herum viel debattiert, das hat mich oft verunsichert, seit ein paar Jahren ist mir klar, wie stark ich dadurch geworden bin.
Ihre Lieblingsdenkerin, die sonst niemand kennt?
Sie möchte unbekannt bleiben.
An welchem gefährlichen Gedanken denken Sie rum?
Das Privileg, Deutschland verlassen zu können, zu nutzen.
Welche Diskussion ist komplett festgefahren?
Leider reden wir zu exzessiv und zu undifferenziert über Migration, dafür zu wenig über den Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit und die Revolution durch KI, die alles verändern wird.
Welche Position langweilt sie?
Linke sind schuld am Erstarken der Rechten.
Welche drei Menschen der Zeitgeschichte würden sie zu einem Abendessen einladen wollen?
Zohran Mamdani, Narges Mohammadi, Hannah Arendt.
Den taz FUTURZWEI-Fragebogen (with a little help from Max Frisch, Fischli/Weiss und NYT Book Review) gibt es neu in jedem Heft. Entdecken Sie taz FUTURZWEI im Abo.
Wen finden Sie gut, obwohl Ihre Peergroup ihn oder sie blöd findet?
Meine Peergroup ist gar nicht so homogen.
Welche drei Bücher würden Sie als Deutschlehrerin lesen lassen?
Heinrich Mann: Der Untertan
Rashid Khalidi: The Hundred Years’ War on Palestine
Heinrich Böll: Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Welche Künstler/-innen sind auf der Höhe der entscheidenden Fragen?
Die, die mit ihrer Kunst auch politisch sind.
Die überschätzteste Figur der Gegenwart überhaupt.
In Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie tendieren wir dazu, Menschen der Öffentlichkeit insgesamt zu überschätzen.
Warum scheuen Linke den Humor?
Charlie Chaplin, Richard Pryor, Margaret Cho, John Oliver, Trevor -Noah, Michelle Wolf, Hannah Gadsby, Steven Colbert, sie alle und noch viele mehr sind mir jedenfalls nicht als rechte Comedians bekannt.
Wissen Sie, was Sie hoffen?
Ja, und es reicht noch aus, um mich in Bewegung zu halten.
Findet Sie das Glück?
Schon seit meiner Geburt und immer wieder.
taz FUTURZWEI, das Magazin für Zukunft – Ausgabe N°35: Wohnzimmer der Gesellschaft
Demokratie braucht Orte des Gemeinsamen, Wohnzimmer der Gesellschaft. Die damit verbundenen positiven Gefühle konstituieren Heimat. Mit jeder geschlossenen Kneipe, leerstehenden Schule, verödenden Ortsmitte geht das Gefühl des Gemeinsamen, geht Heimat verloren. Das ist ein zentraler Zusammenhang mit dem Aufstieg des Rechtspopulismus.
Mit: Aladin El-Mafaalani, Melika Foroutan, Arno Frank, Ruth Fuentes, Maja Göpel, Stephan Grünewald, Wolf Lotter, Luisa Neubauer, Jana Sophia Nolle, Paulina Unfried, Nora Zabel und Harald Welzer.
Wem wären Sie lieber nie begegnet?
Ich hätte gerne mehr gute Lehrerinnen und Lehrer gehabt.
Wann haben Sie aufgehört zu glauben, dass Sie klüger werden (oder glauben Sie es noch)?
Wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, dann möchte ich sagen, ich bin klüger geworden, ein bisschen wenigstens. Kann sein, dass das irgendwann wieder aufhört, aber ich versuche dranzubleiben.
Wenn Sie Macht hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen gegen den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder nein?
Ja.
Wenn Sie und alle, die Sie kennen, tot sind – interessiert Sie dann die Weiterexistenz der Menschheit noch?
Ich würde gerne wissen, wie es mit uns weitergeht.
Lernen Sie von einer Liebesbeziehung für die nächste?
Ich bin seit 20 Jahren in einer Liebesbeziehung und habe nicht vor, in eine nächste zu starten.
Worum geht es im Leben eigentlich?
Um den Erhalt unseres Planeten und darum, dass wir miteinander weiterleben, ohne uns in die Luft zu jagen.
Gibt es zu viel des Guten?
Es gibt vor allem zu wenig des Guten für zu viele.
Es gibt nur Gangster oder Trottel. Was sind Sie dann?
Dann wäre ich gerne Robin Hood.
🐾 Lesen Sie weiter: Dieser Text erschien zuerst in der Ausgabe N°35 unseres Magazins taz FUTURZWEI mit dem Titelthema „Das Wohnzimmer der Gesellschaft“ – erhältlich im taz Shop.