■ Die Anderen: Der "Guardian" fordert einen Marshallplan für Südosteuropa / die "Quest France" schreibt zur Kosovo-Krise / Den UN-Vorschlag zur Beilegung des Kosovo-Krieges kommentiert "Il Messaggero" / "De Standard" (Belgien) meint
Der „Guardian“ fordert einen Marshallplan für Südosteuropa: Eine weitere Woche der Kriegsführung in Südosteuropa – und der Fortschritt ist peinlich langsam. Die Fragen häufen sich, bei den Kritikern wie bei den Verfechtern einer harten Linie. Eins ist jedoch schon klar zu erkennen. Wer glaubte, dies sei eine schnelle Affäre, ist an der militärischen Front enttäuscht worden. Aber auch die Politiker des Westens, die diese Verantwortung eingegangen sind, müssen ihre Lehren ziehen. Der alte Stand kann nicht einfach wiederhergestellt werden. Viel Geld, vielleicht sogar ein Marshallplan für Südosteuropa muß bereitgestellt werden. Eine riesige Wiederaufbauanstrengung ist gefragt. Sie wird mit jeder Bombe größer.
Die größte französische Regionalzeitung, die „Ouest- France“, schreibt zur Kosovo-Krise: Zunächst muß einmal die Ausweitung des Konfliktes vermieden werden. Es ist wichtig, aufmerksam auf das zu achten, was in Rußland passiert. Wer wird aus der gegenwärtig verwirrenden Lage in Rußland hervorgehen? Vielleicht ein Vertreter einer harten Linie, vielleicht ein General Lebed, der laut und beständig erklärt, daß Serbien „Teil des Interessengebietes Rußlands“ ist. Man muß zur UN zurückkehren und sie mehr als jemals zuvor in die bereits geplanten Lösungsbemühungen einbeziehen. Man muß den Friedensappell aufgreifen, den Annan an die jugoslawische Führung gerichtet hat. Und man muß die Hilfe Rußlands suchen.
Den UN-Vorschlag zur Beilegung des Kosovo-Krieges kommentiert der römische „Il Messaggero“: Das Schweigen Milošević' nährt Verdacht und Besorgnis. Aus Belgrad ist noch keine Reaktion auf den Appell der UN gekommen. Es ist wahrscheinlich, daß Belgrad vor einer Äußerung auf ein Signal Rußlands wartet, den einzigen (halben) Verbündeten, über den es noch verfügt. Es beginnt also eine ganz entscheidende Woche, um eine Eskalation und eine wahrscheinliche Ausweitung des Konflikts zwischen der Nato und Jugoslawien zu vermeiden. Der Spielraum für Verhandlungen für Kofi Annan ist eng. Seine Bedingungen gleichen denen der Nato. Aber im Unterschied zur Nato ist die UN keine Kriegspartei.
Die flämische Tageszeitung „De Standaard“ meint: Früher oder später muß aber verhandelt werden. Nicht nur das Kosovo wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Fest steht jetzt schon, daß auch der Wiederaufbau Serbiens mindestens genau so wichtig sein wird. Die Rettung Serbiens liegt in Europa. Die Bombardierungen haben allerdings den Haß dem Westen gegenüber verschärft. Für Serbien gibt es dennoch keine zwei Wege, die in die Zukunft führen. Das ganze Gerede über slawische Brüderschaft und orthodoxe Solidarität steht einer harten geographischen und wirtschaftlichen Wirklichkeit entgegen. Und die besagt, daß Serbien von Ländern umringt ist, die lieber heute als morgen der EU beitreten wollen.
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