ruslan tschagajew, schwergewicht
: Der den Riesen schlug

RUSLAN TSCHAGAJEW, 29, ist Wahl-Hamburger und usbekischer Nationalheld. Jetzt will er alle vier Weltmeistertitel  FOTO: DPA

Neben dem Boxring im Gym des Universum-Boxstalls in Hamburg-Wandsbek drischt ein 1,85 m großer Mann mit einem großen Vorschlaghammer auf einen Gummireifen ein. Nein, der Sport heißt nicht „Hau den Lukas“ und der Mann mit dem Hammer ist auch kein Kirmesschläger: es handelt sich um eine Trainingseinheit des Weltmeisters der World Boxing Association (WBA) im Schwergewicht. Ruslan Tschagajew, der sich auf die Titelverteidigung gegen den Briten Matt Skelton am kommenden Samstag vorbereitet.

Ruslan wer? Für einer der Nachfolger von Schmeling und Ali lässt die Nennung seines Namens viele fragende Gesichter zurück. Erst eine kleine Zusatzinformation führt meist zum Aha-Effekt: Der den Riesen geschlagen hat. Beim sensationelle Erfolg im WM-Kampf über den scheinbar unbesiegbaren 2,13 Metergroßen Nikolai Valuev aus Russland im April 2007 bot der zwei Köpfe kleinere Tschagajew einen der spektakulärsten Boxkämpfe der letzen Jahre.

Die Lorbeeren heimste er anschließend vor allem in seiner Heimat Usbekistan ein. Der Staatspräsidenten empfing den neuen Nationalhelden mit einem riesigen Volksfest, auf dem seine Landsleute Tage lang durchfeierten. Der ganz große Durchbruch hierzulande sollte im Oktober mit dem Titelvereinigungskampf gegen den Schwergewichtsweltmeister des Verbandes WBO, den Russen Sultan Ibragimow, erfolgen. Aber Tschagajew meldete sich aus Usbekistan krank und ließ sich wochenlang nicht in seiner Hamburger Wahlheimat blicken.

Erst später kam heraus, dass er unter einer Gelbsucht litt, die inzwischen vollständig auskuriert ist. Gerade ist der bescheidene Familienmensch mit seiner Frau Viktoria und den beiden kleinen Kindern aus der Dreizimmer-Wohnung in Wandsbek in ein eigenes Haus umgezogen. Doch die Existenz eines Boxers ist immer prekär und kann mit dem nächsten Kampf in sich zusammenbrechen.

Als ZDF-Reporter Günter-Peter Ploog den 29-Jährigen nach dem Training in der Garderobe bittet, eine kernige Kampfansage in Richtung des nächsten Gegners loszulassen, lässt der sich nicht aus Deckung locken. Außerhalb des Rings wirkt er trotz seines Kampfnamen „White Tyson“ schüchtern und schutzbedürftig. Doch dann nimmt er den Mund für seine Verhältnisse doch noch richtig voll. „Ich will alle vier Weltmeistertitel.“ Auf dem Weg, den Titel aller vier Weltverbände zu erreichen, träumen Boxfreunde von dem Fight gegen IBF-Titelträger Wladimir Klitschko. Der würde Tschagajew auch hier endlich zur ganz großen Nummer machen.RALF LORENZEN