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■ Der Zwang zur IllegalitätOhne Rechte

Es lebe die Doppelmoral! Man gönnt sich ja sonst nichts. Nein, nicht die Kleinigkeit, daß wir zwar zum Äthiopier essen gehen, aber wenn mal in unserer Nähe ein Asylbewerberheim gebaut werden soll, wir entschieden dagegen sind. Die Doppelmoral, die sich mir aufdrängt, hat einen ganz klassischen Ort für das zweischneidige Denken und Handeln in unserer Gesellschaft: die Bordelle. Das Bedürfnis, das dort in vielerlei Hinsicht befriedigt wird, ist ein menschliches. In diesen Etablissements geben sich vom Bankmanager bis zum Lackierer fast alle Berufs- und Lebenssparten die Klinke in die Hand. In den Bordellen spiegelt sich wie ein Mikrokosmos das, was für die Gesellschaft selbst symptomatisch ist. Um Luxuspraktiken allein geht es da nicht. Wenn in einer Stadt wie Frankfurt die Freudenhäuser fast ausschließlich mit Ausländerinnen (hauptsächlich Lateinamerikanerinnen und Asiatinnen) gefüllt sind, dann hat dies eine allgemein gesellschaftliche Bedeutung.

Die Erklärung, die Frauen seien quasi durch die Bank von skrupellosen Schlepperorganisationen ins Land geholt worden, um für Billigsttarife Hand an Männer zu legen, greift zu kurz. Die Prostitution hat sich zu einem Migrationsgrund für Ausländerinnen entwickelt. In der Prostitution sind aus welchen Gründen auch immer Ausländerinnen immer stärker gefragt. Doch den veränderten Gegebenheiten folgen keine entsprechenden Maßnahmen. Statt den Prostituierten, die einer offensichtlich auf dem Markt gefragten Arbeit nachgehen, rechtlichen Schutz zukommen zu lassen, werden sie gesetzlich zur Illegalität gezwungen und damit erst recht den Zuhältern ausgeliefert. Sie bekommen kein Aufenthaltsrecht und keine Aufenthaltserlaubnis. Sie dürfen dienen – bis sie erwischt werden. Die Ähnlichkeit mit der üblichen Ausländerpolitik drängt sich auf: Die Türken und Marokkaner als fleißige Arbeiter dürfen so lange bleiben, solange sie dem Arbeitsmarkt zupaß kommen. Dann kommt ein Blüm-Erlaß... Da ist sie wieder, die Doppelmoral. Franco Foraci

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