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Archiv-Artikel

Der Wochenendkrimi Auf der Reeperbahn sonntags um viertel nach acht

„Tatort: Investigativ“, So. 20.15 Uhr, ARD

Wenn jemand in Hamburg darauf pocht, er sei ein ehrbarer Kaufmann, ist Vorsicht angebracht. Oft heißt das nämlich nur, man möge bitte nicht nachfragen, woher das Geld stammt, mit dem die betreffende Person ihren Immobilienbesitz fürs Stadtbild prestigeträchtig aufmöbelt. Die Mitglieder des Osmani-Clans, die prominente Gebäude auf der Reeperbahn besitzen, waren solche edlen Aufhübscher; durch ein Verfahren im letzten Jahr wurden auch ihre mannigfaltigen Verbindungen zur hanseatischen Politik und Honoratiorenschaft offen gelegt.

Die fiktive Figur des Kaufmanns Alexander Radu (Tonio Arango) in diesem „Tatort“ ist ganz offensichtlich von den Osmanis und ihren Machenschaften inspiriert. Er plant gerade als neues Wahrzeichen der Stadt den HafenCity-Tower, in den er auch den Oberstaatsanwalt günstig einquartieren will, und ärgert sich über all die Journalisten, die seine Wirken mies machen. Wann immer er was auf die Beine stellt, so sagt der Emporkömmling pikiert, verweisen die Schreiberlinge doch nur auf die Vergangenheit seines Vaters als Türsteher auf dem Kiez.

Nun wurde ein Journalist erschossen. Der Mann hatte offensichtlich allerlei belastendes Material über den Immobilienhai gesammelt. Staatsanwältin Wilhelmi (Ingrid Carven) musste die Tat persönlich mit ansehen; stark mitgenommen stürzt sie sich in den Fall und wundert sich umso mehr darüber, weshalb ihr Vorgesetzter so zögerlich die Untersuchungen einleitet. Kommissar Casstorff (Robert Atzorn) recherchiert derweil mit der Tochter des Toten und stößt auf bürokratische Ungeheuerlichkeiten.

Endlich mal wieder ein „Tatort“ von der Elbe mit einer gewissen gesellschaftspolitischen Tiefenschärfe. Das ist nicht verwunderlich, schließlich stammt er von den Autoren Christoph Silber und Thorsten Wettke sowie Regisseurin Claudia Garde, die gemeinsam in der Folge „Schattenspiel“ bereits in einen Abschiebeknast gegangen waren. Für „Investigativ“ entwickeln sie nun zwischen Elbneubaugebiet, Trabrennbahn und Spielcasino ein komplexes Verschwörungsszenario. Durch detailgenaue Verweise auf den realen Fall Osmani – etwa auf die BND-Akten, die nicht als Beweismittel gegen die Reeperbahn-Investoren verwendet werden durften – erhält der vertrackte Krimi-Plot eine beängstigende Plausibilität. Ein dunkler kleiner Schocker aus der schönen großen HafenCity Hamburg. Christian Buss