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Archiv-Artikel

Der Weg zum Frieden

betr.: „Jenseits der Konfrontationspolitik“ von Katja Kipping, taz vom 12. 12. 06

Die Anerkennung des Existenzrechts Israels sollte selbstverständlich sein – nicht nur Linken. Kippings Gegenüberstellung: hier „uneingeschränktes“ Bekenntnis zum „Existenzrecht Israels“ – dort „keine Solidarität mit reaktionär-islamischen Bewegungen“ enthält jedoch politische Verabsolutierungen, die der Realität im Nahen Osten nicht gerecht werden. Zur Existenz Israels gehören doch auch all jene Verletzungen des Völkerrechts, die in dem Artikel Erwähnung finden, aber auch die – nicht erwähnte – systematische israelische Weigerung, den Palästinensern den ihnen zustehenden lebensfähigen eigenen Staat zuzubilligen. Darin muss eine wesentliche Ursache für den Gewaltkonflikt und damit auch für die Bedrohung Israels gesehen werden.

Der Forderung Kippings: „Keine Solidarität mit reaktionär-islamischen Bewegungen“ kann man sich ja anschließen. Darum geht es aber nicht. Vielmehr geht es darum, den Palästinensern, denen seit Jahrzehnten Land geraubt und Menschenrechte verweigert werden, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, deren Repräsentanten willkürlich verhaftet oder „gezielt getötet“ werden, wieder zu ihrem Recht zu verhelfen. Forderungen nach der Umsetzung der von Israel missachteten UN-Resolutionen (insbesondere Resolution 242 von 1967), einem Stopp des Siedlungsbaus und des rechtswidrigen Mauerbaus oder der Beendigung der Besatzung werden ja nicht dadurch falsch, dass sie auch von „reaktionär-islamischen Bewegungen“ erhoben werden.

So ist eine Parteinahme für die entrechteten und gedemütigten Menschen im Nahen Osten als konkrete Solidarität zu verstehen: mit den Palästinensern und Israelis, die beide nichts dringender brauchen als den Frieden. Der Weg dorthin besteht aus Gesprächen und Verhandlungen zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Parteien, die sich heute noch gegenseitig des Terrorismus bezichtigen. Belehrungen à la Kipping, wonach die Solidarität mit der einen Seite „bedingungslos“, die mit der anderen Seite tunlichst ganz zu unterlassen sei, zeugen von einer eindimensionalen Sichtweise, die in dem höchst komplexen israelisch-palästinensischen Konflikt notwendig in die Irre führen muss. PETER STRUTYNSKI, Kassel