■ Der US-Boykott des Iran ist ein Eigentor: Die Geier sitzen schon auf der Stange
„Dual Containment“ heißt die Säule der neuen amerikanischen Golfpolitik – zu deutsch: „Zweifache Eindämmung“. Vom CIA-Chef bis zum Vorsitzenden des Büros im US-Außenministerium, verantwortlich für die Angelegenheiten des Nahen Ostens, sind sich alle über dieses neue Zauberwort einig. Die beiden, die da klein gehalten werden sollen, sind die Regionalmächte nördlich des Golfs, Iran und Irak. Seit Beginn des Monats stand diese neue Doktrin nun auf dem Prüfstand.
Die Herausforderung kam nicht etwa aus Frankreich oder Rußland, von denen erwartet wird, daß sie nicht mehr länger das Handelsembargo gegen den Irak mittragen. Nein, sie kam aus dem Lande des Dallas-Clans selbst. Die texanische Firma Conco zog einen eine Milliarde Dollar schweren Auftrag von der Regierung in Teheran an Land, um in einige Ölquellen vor der iranischen Küste zu investieren. Unter normalen Umständen hätte man in den USA für einen derartigen Erfolg die Sektgläser klingen lassen. Nicht aber, wenn das Herzstück der neuen Golfpolitik torpediert wird.
Die Politiker in Washington fühlten sich von den Ölmagnaten aus Texas vor den Kopf gestoßen. Die Reaktion blieb nicht aus. Clinton untersagte den US- Firmen jegliche Ölgeschäfte mit dem Iran.
Doch die Chancen für eine erfolgreiche Eindämmungspolitik haben sich seit dem Kalten Krieg radikal verschlechtert. Containment, ein mögliches Instrument in Zeiten der Bipolarität und des Ost-West- Konfliktes, kann sich in der heutigen multipolaren Welt nur als ein Eigentor erweisen. Sowohl was den Iran als auch was den Irak betrifft, haben die USA Schwierigkeiten, ihre Alliierten und ihre eigene Wirtschaft im Zaum zu halten.
Das Problem: Iran oder Irak sind eben nicht Sudan, Kuba oder Nordkorea. Ein Verantwortlicher einer westlichen Ölfirma faßte das bei einer Ölkonferenz, die am Wochenende in Bagdad stattgefunden hat, unverhohlen in einem Satz zusammen: „Ich rieche viel Geld hier.“ Die westlichen Öl-Geier schweben bereits über Bagdad und warten auf das Ende des Embargos. Und dann kommt es darauf an, wer zuerst zum Sturzflug ansetzt. Am ehesten wohl derjenige, der schon vor dem Ende des Embargos im Tiefflug gleitet. Mit dem Iran ist das nicht viel anders. Wenn es keine US- Firma machen darf, dann eben eine französische, deutsche oder japanische. Das sind eben die Regeln der freien Marktwirtschaft, die sonst so inständig von den Politikern in Washington gepredigt werden. Karim El-Gawhary, Kairo
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