■ Der Sicherheitsrat brütet über einer umfassenden Irak-Resolution: Der Status quo bleibt erhalten
Die Formulierung klingt verheißungsvoll: Neun Jahre nach dem Krieg um Kuwait fordern Briten und USA eine „umfassende UN-Resolution“ zum Thema Irak. Tatsächlich hätte das Land es verdient, dass sich die Weltorganisation gründlich mit ihm befasst. Seit Verhängung des UN-Embargos hat sich die Kindersterblichkeit verdoppelt. Dennoch sitzt Saddam Hussein fest auf seinem Thron. Und spätestens seit er nach den US-Angriffen vor einem Jahr die UN-Waffeninspekteure des Landes verwies, können Iraks Militärs wieder ungestört an Massenvernichtungswaffen basteln.
Letzteres wollen die USA und die Briten nun ändern. Durch die radikale Verkürzung der Laufzeit des Programms „Öl für Lebensmittel“ von sechs Monaten auf nur eine Woche soll Iraks Staatsführung gezwungen werden, wieder Kontrolleure in das Land zu lassen. Doch Saddam Hussein reagiert wie gewohnt: Er lässt die irakischen Ölexporte gänzlich einstellen und nimmt die Bevölkerung als Geisel. Wenn ihr den Druck auf mich erhöht, sterben hier halt ein paar Menschen mehr, lautet die Botschaft. Sie macht das Dilemma der Embargopolitik deutlich. Sanktionen nützen nichts, wenn es einem Despoten egal ist, dass in seinem Land Menschen verrecken, ja, ihm dies sogar als Druckmittel recht ist.
Saddam Hussein setzt noch auf eine zweite Karte: die Zerstrittenheit des UN-Sicherheitsrats. Längst ist die einstige Golfkriegsallianz zerbröselt. Die arabischen Staaten stehen wieder zum Irak, Frankreich würde am liebsten volle Geschäftsbeziehungen zu Bagdad aufnehmen, und Russland ist jedes Mittel recht, um vom Krieg in Tschetschenien abzulenken. Geblieben ist die Allianz von USA und Großbritannien. Sie hat nun eine Woche Zeit, den Sicherheitsrat von einem Resolutionsentwurf zu überzeugen. Das Ergebnis kann nur ein Kompromiss sein. Statt umfassenden Überdenkens folgt der grundsätzliche Erhalt des irakischen Status quo. Und mit dem kann Saddam Hussein gut leben. Thomas Dreger
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