: Der Präsident küßt nicht und schweigt Nein, er habe den Burgtheater-Direktor Peymann nicht in den Nacken geküßt, sagt der Österreichische Bundespräsident / Zu den neuaufgetauchten belastenden Dokumenten schweigt der ehemalige Wehrmachts-Off
Der Präsident küßt nicht und schweigt
Nein, er habe den Burgtheater-Direktor Peymann nicht in den Nacken geküßt, sagt der Österreichische Bundespräsident / Zu den neuaufgetauchten belastenden Dokumenten schweigt der
ehemalige Wehrmachts-Offizier; mit ihm das übrige offizielle Österreich
Aus Wien Oliver Lehmann
Wien ist um einen neuen Skandal reicher: Burgtheater -Direktor Claus Peymann mußte in einem Fernschreiben an die österreichische Presseagentur Austria zugeben, daß Bundespräsident Waldheim ihn keineswegs „von hinten angeschlichten und in den Nacken geküßt“ habe, wie er dies in einem Interview mit der 'Zeit‘ berichtet hatte. Die Szene sollte sich in einem Wiener Cafe abgespielt haben, als Waldheim ihm zu seiner Inszenierung des Shakespeareschen „Richard III.“ gratulieren wollte. Waldheim hatte die Peymannsche Behauptung sofort dementiert.
Weniger gesprächs- und dementierfreudig hat bis jetzt das offizielle Wien auf die neuaufgetauchten Dokumente aus dem Militärarchiv Belgrad reagiert. Der Pressesprecher des Bundespräsidenten Dr. Gerold Christien zeigte sich überrascht und lehnte jede Stellungnahme ab. Der Sekretär des Bundeskanzlers ist ebenfalls über den neuesten Stand nicht informiert. Eine neuerliche Sitzung der von der Bundesregierung eingesetzten Historikerkommission wollte Dr. Meillat zwar nicht ausschließen, betonte aber, daß die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen habe.
Der Sprecher der ÖVP, Dr. Fischer, sieht in den neuen Vorwürfen einen Versuch, „die Sache am Kochen zu halten. Ich sehe dem ganzen gelassen entgegen“. Eine Bewertung der Papiere durch die Historikerkommission schließt er aus: „Weil ihr Mandat mit Abgabe des Berichts zuende war“.
Die SPÖ verhält sich ruhig, um die ohnehin schwache Koalition mit der ÖVP nicht zu belasten. Der Grüne Abgeordnete Mag. Walter Geyer, selbst ehemals Untersuchungsrichter, erwägt im Falle der Echtheit der Dokumente, im Parlament für die Grünen einen Antrag zur Amtsenthebung des Bundespräsidenten zu stellen.
Dies würde zu einer Volksabstimmung führen. Weiter kritisierte er die Nichtveröffentlichung des Berichts der Historikerkommission.
Derzeit werden nur Kopien des Papiers vom Bundeskanzleramt an „Interessierte“ verschickt. Im Gegensatz dazu wurde das Waldheim-freundliche „Weißbuch“ mit Unterstützung des Außenministeriums publiziert und als „Argumentationshilfe“ an die Botschaften im Ausland geschickt. siehe auch folgendes Interview
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