■ Der Kohlepfennig ist weg – die Ökosteuer noch weiter: Zu früh gefreut
Der Kohlepfennig ist weg – und eine allgemeine Energiesteuer damit fast schon da. Aus ökologischer Sicht ist dies dennoch alles andere als ein Grund zum Jubeln.
Neben der Mineralölsteuer wird es ab 1996 eine Kohlesteuer geben, die alle Verbraucher mit der Stromrechnung zahlen müssen. Der Bund wiederum zahlt Subventionen für den Erhalt der noch 100.000 Bergbau-Arbeitsplätze. Wie die Mineralölsteuer so eignet sich künftig auch die Kohlesteuer hervorragend zum Stopfen beliebiger Haushaltslöcher; denn – wie jeder weiß, der in den Achtzigern via Steuerstreik den Verteidigungshaushalt zu boykottieren versuchte – das Geld, das der Staat bei seinen Bürgern eintreibt, ist nicht zweckgebunden.
Es gibt also eine zweite Energiesteuer – nur ist diese entökologisiert, und zwar nachhaltig. Die Idee, eine Energiesteuer so zu konzipieren, daß sie umweltschädlichere Energieträger gegenüber klimaschonenderen verteuert, wäre verwässert – selbst wenn sie irgendwann beschlossen werden sollte. Denn es gibt sie ja schon: die Energiesteuer zur Finanzierung der deutschen Einheit, die Energiesteuer für den Erhalt von Bergbau-Arbeitsplätzen, für den Bau neuer Straßen und dann eben auch noch eine fürs Klima – unter ferner liefen. Unternehmerverbände werden künftig recht haben, wenn sie Energiesteuern als verkappte allgemeine Steuererhöhung geißeln.
Für die Umwelt fatale Folgen hat der Karlsruher Spruch darüber hinaus in all jenen Städten und Gemeinden, die über Abgaben ihre Bürger zu ressourcenschonendem Verhalten zwingen wollen. Beispiel Müll- oder Abwassergebühren: Die Gruppe derjenigen, die zur Kasse gebeten werden, kann man genausowenig gegenüber den Steuerzahlern abgrenzen wie die Stromverbraucher. Bestimmt wird sich schon bald jemand finden, der seine Müllquittung zum Bundesverfassungsgericht trägt. Und anders als der Bund dürfen Kommunen die verbotene Abgabe nicht einfach durch eine Steuer ersetzen. Den Kommunen ist damit die Möglichkeit genommen, von sich aus gegen die Ergebnisse des Bonner Nichthandelns – Schmutzwasser und Müllhalden – vorzugehen.
Als einziger, zugegeben schwacher Trost bleibt die Tatsache, daß das Bundesverfassungsgericht einmal mehr den Schwarzen Peter dorthin geschoben hat, wo er hingehört: zur Bundesregierung. Sie muß sich nun in jeder Haushaltsdebatte rechtfertigen, wenn sie Jahr für Jahr Milliarden-Subventionen für den Bergbau zahlen will. Den vielen umweltengagierten Stadträten bleibt allerdings nur die demonstrative Geste: Müllabladen vor dem Kanzleramt. Donata Riedel
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