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Archiv-Artikel

Der Kanzler lädt ein Quark im Amt

Locker springt Regierungssprecher Béla Anda über die letzten rot-grünen Steine des geometrischen Legespiels, mit dem das Bundespresseamt spielerisch das Programm für den Tag der offenen Tür im Kanzleramt vorstellte. „Die Farbwahl ist Zufall“, schmunzelt Anda. Doch damit deutet er bereits die Kritik an, die den Tag der offenen Tür dieses Jahr begleitet. Darf die Bundesregierung in Wahlkampfzeiten solch einen Tag veranstalten? Ist dies unzulässige Wahlwerbung oder einfach nur Ausdruck von Bürgernähe und Transparenz der Politik?

Der hartnäckigste Kritiker des diesjährigen Tags der offenen Tür ist Steffen Kampeter. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion sagt: „Hier wird ganz klar das Verfassungsgerichtsurteil von 1977 ignoriert. Dies untersagt der Bundesregierung in Wahlkampfzeiten jegliche mit Haushaltsmitteln betriebene Öffentlichkeitsarbeit in Form von Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichten.“

Anda bezeichnet dies als „Quark“. Die Öffentlichkeitsarbeit im eigentlichen Sinne habe die Bundesregierung seit Bekanntgabe des Wahltermins eingeschränkt. Beim Tag der offenen Tür allerdings handele es sich nicht um eine Wahlveranstaltung. „Traditionell geht es um Bürgernähe, Transparenz und Offenheit“, so Anda. Dagegen hat auch Kampeter nichts: „Aber bitte nicht zu diesem Zeitpunkt. So wird er für unzulässige parteipolitische Sympathiewerbung und Propaganda missbraucht.“ Anda kontert: „Wir lassen uns trotz der Vorwürfe nicht in unserer Leitlinie beirren und halten am Tag der offenen Tür fest.“

Am 27. und 28. August werden die Bürger also zum „Staatsbesuch“ eingeladen – bereits zum siebten Mal in Folge. Hierbei stehen die Türen zum Kanzleramt, zu allen 13 Ministerien und zum Presse- und Informationsamt offen. „Es geht um den Dialog der Bürger mit denen, die die Politik machen“, erklärt Anda. Noch machen, muss es wohl heißen.

Ein passender Programmschwerpunkt ist das Thema Innovation. Doch damit ist keineswegs der wohl anstehende Wechsel im KanzlerInnenamt gemeint. Im zugehörigen Park gibt es stattdessen einen Schiffssimulator zu sehen. Kinder können im Experimentierlabor selber Haargel und Shampoo herstellen – und sich dann neue Frisuren zulegen, wie es bei CDU-Kandidatinnen en vogue ist.

So richtig merkelfeindlich ist nur ein Programmpunkt. Kinder sollen auf des Kanzlers Wiese eine Mini-WM ausspielen. Nochkanzler Gerhard Schröder (SPD) will die Sieger höchstpersönlich ehren. Das kann nur als Warnung gewertet werden, dass im Falle eines CDU-Sieges unser Land beim WM-Finale 2006 nur durch eine Frau vertreten sein wird. Insofern ist die Kritik der CDU natürlich vollkommen berechtigt. ALEXANDRA MÜLLER

Mehr Infos unter:www.einladung-zum-staatsbesuch.de