piwik no script img

■ Der Bundestag debattiert Einsätze deutscher SoldatenDem Frieden dienen?

Der Streit um die Verfassung ist mit dem Karlsruher Urteil beendet – jetzt muß der Streit um die Ausgestaltung des Urteils beginnen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Deutschen Bundestag die endgültige Entscheidung über einen Einsatz deutscher Soldaten außerhalb des Nato-Gebiets übetragen. Die prinzipielle Frage, ob das Grundgesetz einen solchen Einsatz deckt, ist entschieden. Die konkrete Frage, welcher Einsatz sinnvoll und wünschenswert ist, wird auf uns zukommen – ob wir wollen oder nicht. Wenn der Bundestag allerdings bei dieser Aufgabenstellung weiterhin entlang der Parteienlogik argumentiert, wird eben nicht der konkrete Sinn von möglichen Einsätzen über deren tatsächliche Durchführung entscheiden. Statt dessen ist zu befürchten, daß die außenpolitischen Ambitionen über blaue, graue oder gar keine Helme triumphieren.

Nach dieser Logik wird ein von den USA ins Spiel gebrachter Kampfeinsatz selbstverständlich mit deutschen Soldaten unterstützt. Ein böser Diktator, Weltmachtinteressen, Hilfe für US-Kampfgeschwader gar: Damit lassen sich deutsche Interessen präsentieren, damit kann die Bundeswehr aufpoliert werden. Damit schafft man Fakten und eine neue deutsche Realität. Ein langweiliger Blauhelm-Einsatz, bei dem „unsere Jungs“ nur in öden Unterständen schwitzen, taugt für die außenpolitischen Zielsetzungen dieser Bundesregierung dagegen wenig: abgelehnt.

„Wer gegen Krieg ist, aber nicht bereit ist, dem Kriegstreiber notfalls auch militärisch zu widerstehen, kann weder Frieden stiften noch Menschenrechte schützen. Er macht nur Politik der Worte.“ So Außenminister Kinkel gestern im Bundestag. Da irrt der Mann aber gewaltig. Jenseits des Militärischen bestehen ein Menge Möglichkeiten, dem Kriegstreiber zu widerstehen. Zum Beispiel: vorher keine Waffen liefern (das Außenwirtschaftsgesetz wird, so ein Zufall, gerade gelockert). Zum Beispiel: Demokraten unterstützen und ihnen Asyl gewähren (es gibt da seit einem Jahr ein neues Asylrecht ...). Zum Beispiel: zielgerichtete Entwicklungshilfe (deren Anteil am Bundeshaushalt wird auch nicht gerade größer).

Selbstverständlich ist es ein Unding, wenn heutzutage der Eindruck erweckt wird, daß man dem Frieden nur noch mit dem Einsatz von Soldaten dienen kann. Natürlich verfolgen manche Konservative in diesem Land damit vorrangig das Ziel, Deutschlands außenpolitische Rolle mit aller Macht zu stärken, nicht aber, verhungernden Menschen zu helfen. Aber seien wir ehrlich: Natürlich gibt es auch Blauhelm- Einsätze, die den betroffenen Menschen direkt helfen, und die zwar keinen Frieden schaffen, aber einen Waffenstillstand zumindest sichern. Es ist in der Tat nicht ganz einsichtig, warum Briten, Franzosen und Polen bei diesen Einsätzen schwitzen sollten, Deutsche aber prinzipiell nicht. Wenn es nur darum ginge: d'accord. Doch befürchtet werden muß, trotz der leisen Töne gestern im Bundestag, etwas anderes: ein Kriegseinsatz um des außenpolitischen Interesses einiger älterer Herren willen. Klaus Hillenbrand

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen