: Dem Springer auf die Finger gehauen
■ Bundeskartellamt untersagt die 25prozentige Beteiligung des Springer-Verlags am 'Volksblatt‘
West-Berlin. Was bereits am Wochenende bekanntwurde, ist nun offiziell: Das Bundeskartellamt in Berlin haut dem Springer auf die Finger und hat den 1989 vollzogenen Einstieg des Axel-Springer-Verlags beim 'Volksblatt‘ untersagt. Vor genau einem Jahr hatte die in Hamburg ansässige Axel Springer AG eine knapp 25prozentige Beteiligung am Stammkapital der Erich-Lezinsky-Verlag und -Buchdruckerei GmbH erworben. Damals wiegten sich die Beteiligten in der Hoffnung, daß das Kartellamt - wie schon so oft - beide Augen zudrücken würde. Doch wie das Amt nun zur Begründung erklärte, führen die Beteiligung und weitere Vereinbarungen dazu, daß der schwarze Medien-Monopolist weitgehenden Einfluß auf das wettbewerbliche Verhalten der Lezinsky GmbH nehmen kann. Damit habe Springer seine überragende Stellung am Westberliner Tageszeitungs- und Anzeigenmarkt weiter verstärkt.
Die Lezinsky GmbH verlegt das 'Volksblatt‘ mit einer verkauften Auflage von etwa 25.000 Exemplaren und betreibt eine Druckerei. Das 'Volksblatt‘ ist nach der 'Berliner Morgenpost‘ (Springer) und dem 'Tagesspiegel‘ die drittgrößte Abonnementstageszeitung in West-Berlin. Durch den Zusammenschluß erreicht Springer auf dem Lesermarkt für regionale Abonnementstageszeitungen einen Marktanteil von gut 50 Prozent und auf dem Anzeigenmarkt von knapp 80 Prozent in Berlin, erklärt das Kartellamt zu der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung.
Wichtigster Punkt in den Vereinbarungen zwischen Springer und der Lezinsky GmbH ist ein Darlehensvertrag, durch den der Springer-Verlag die finanziellen Mittel für dringend erforderliche Investitionen beim 'Volksblatt‘ bereitstellt, der es aber nach Ansicht des Kartellamts Springer praktisch erlaubt, über die Investitionen mitzuentscheiden. Springer hatte bereits in der vergangenen Woche gegen die erwartete Entscheidung des Kartellamts Beschwerde beim Kammergericht Berlin angekündigt. Sollte der Einspruch vor Gericht erfolglos bleiben und sollte sich Springer zurückziehen müssen, werden dem Verlag des 'Volksblatts‘ nur geringe Überlebenschancen eingeräumt. Einen möglichen Ausweg aus dem Dilemma böte dann nur noch die Suche nach dem rettenden dritten Anteilseigner.
dpa/taz
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