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Archiv-Artikel

Dem Paradies ein Stück näher

betr.: „Schlimmer geht’s nimmer“, taz vom 5. 8. 06

Die taz-Verkostung mit einem Sterne-Koch und dessen Aussagen schienen wenig sinnvoll zu sein, um den Wert des momentanen Bio-Booms festzustellen. Zu konstatieren, dass auch der Besuch in der Lidl-Bioabteilung nicht gleichwertig mit dem Einkauf bei Käfer-Feinkost oder einem klassischen Bioladen ist, scheint wenig erhellend. Aber statt die Supermarktqualität vieler Produkte auch in deren Biosegment zu bemäkeln, sollte man vielmehr den positiven Bewusstseinswandel beleuchten. Verblödet wird der Kunde durch die Illusion, dass konventioneller Landbau der einzige Weg sei und alternative Anbaumethoden nur etwas für eine geistige und finanzielle Alternativelite sind. Idealisten können Pläne von der Wahrheit entwickeln und zumeist auch leben. Der Großteil der Bevölkerung braucht für diese Fortentwicklung zu mehr Wahrheit und Gerechtigkeit hingegen viele kleine Schritte und Anreize. Diesen nun gegebenen Trend aber durch die Feststellung zu erschlagen, dass viele gewünschte Aspekte noch immer auf der Strecke bleiben, ist fataler Ökokonservatismus.

Der Bio-Trend wirbt nicht klassische Biokonsumenten ab, sondern wirbt in vorsichtigen Schritten für völlig neue Kundenkreise, bei denen häufig noch überhaupt kein Bewusstsein vorhanden ist. Wenn nach Adam Smith die Egoismen der Menschen die unsichtbare Hand Markt darstellen, so haben Renate Künast und Jürgen Trittin in einem falschen System das Richtige gemacht: die unsichtbare Hand sichtbar und damit beeinflussbar. Dass mit der Mainstreamisierung einer ursprünglichen Nischenidee nicht das Paradies entsteht, ist klar, dass wir ihm so näher kommen, aber umso deutlicher.

PHILIPP HÜLEMEIER, Rheine