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Decknamen entschlüsseltDer Code der RAF

1976 verfügten Terrorfahnder über drei Taschen mit RAF-Papieren. Doch sie konnten den Code nicht knacken. Jetzt werden erstmals alle Decknamen entschlüsselt.

"Dann hätten die Terrorfahnder die 'Offensive 77' der RAF verhindern können": Tatort der Entführung Schleyers. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein Codesystem der RAF aus den siebziger Jahren ist entschlüsselt worden. So habe der damalige Terrorist Christian Klar in den Attentatsplänen "Ede" geheißen, für Verena Becker habe "Paula" und für Stefan Wisniewski "Hans" gestanden, berichtete der Autor Michael Sontheimer in der sonntaz.

Am 30. November 1976 fassten Ermittler zwei RAF-Kader und beschlagnahmten drei Taschen mit Strategiepapieren und Arbeitsplänen. "Heute ist klar, dass diese Papiere der Bundesanwaltschaft und dem Bundeskriminalamt eine große Chance eröffneten", schreibt Sontheimer. "Wäre es den Terrorfahndern gelungen, die Dokumente zu entschlüsseln, hätten sie die 'Offensive 77' der RAF verhindern können."

Der Journalist sprach mit mehreren ehemaligen RAF-Mitgliedern und dechiffrierte aufgrund ihrer Angaben Decknamen und Codewörter. Mit "Ps" seien die verbündeten Palästinenser abgekürzt worden. Der Stuttgarter RAF-Anwalt und Sympathisant Klaus Croissant sei schlicht "Hörnchen" genannt worden. Dies hätten die Ermittler Mitte der siebziger Jahre nicht begriffen. "Die waren mit ihren Bürokratenhirnen einfach zu blöd", zitierte Sontheimer einen Ex-RAF-Mann, "sich in unsere Assoziationen hineinzudenken."

Bild: taz

Den vollständigen Text lesen Sie in der aktuellen vom 10./11.4.2010 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.

Da die Ermittler nur einen sehr kleinen Teil der Papiere entschlüsseln konnten, gelang es ihnen mit der Verhaftung von Siegfrid Haag und Roland Mayer lediglich, die Anschläge der RAF zu verzögern. Ursprünglich hatten die Illegalen das Attentat an Siegfried Buback für Ende 1976 geplant; das "Kommando Ulrike Meinhof" ermordete den Generalbundesanwalt und seine beiden Begleiter dann am 7. April 1977.

Die Ermittler konnten nur drei der zwölf Decknamen entschlüsseln. In einem Beitrag für die sonntaz werden alle zwölf Namen zugeordnet. Am 13. April veröffentlicht Sontheimer, "Spiegel"-Autor und ehemaliger taz-Chefredakteur, das Buch "Natürlich kann geschossen werden" zur Geschichte der RAF.

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5 Kommentare

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  • G
    gaijinette

    [Noch kein Kommentar? Angst davor, zum Terroristen erklärt zu werden? Es läuft doch umgekehrt im 4ten Reich, Du wirst als mutmaßlicher Terrorist geboren und mußt zeitlebens beweisen, daß Du keiner bist... während terroristische Vereinigungen als StaatsSchutz Dich schon an der Wiege erwarten...]

     

    In diesem Sinne überflüssige Vorbemerkung II: Gewalt lehne ich ab. Ich habe auch nicht zu denen gehört, die in den 1970ern eine direkte oder klammheimliche Sympathie für die RAF hatten. Schon aus Altersgründen. Außerdem wird es den BND-Nazis nicht gelingen, mich in die Gewalt zu treiben. Kleiner Hinweis an diese: Selbst wenn ich Euch (Ihr in Gestalt Eures dR nAgUaL) mal geschrieben habe, daß es eine durchaus erotisch-romantische Vorstellung sein könnte, mit einer Frau wie Ulrike Meinhof in den Untergrund zu gehen... also spätpubertäres Geschwätz... andererseits, wenn heute schon Unter-14-Jährige auf Terrorismus hin überprüft werden (

    Vorbemerkung III: Anti-Semitismus bzw. Anti-Israelismus der RAF (immerhin: 'man' war mit der PLO verbündet...) war in der deutschen Öffentlichkeit, wie ich sie als Jugendlicher erlebte, kein Thema, gerade auch nicht seitens der damaligen dumpf-konservativen Mehrheit.

     

    Eine der Organisationen, die gegen die RAF eingesetzt waren, war der BND. Insbesondere von dieser (gilt aber auch für BKA und Verfassungsschutz) ist inzwischen bekannt, daß sie mindestens bis in die 1970er Jahre noch zu einem hohen Prozentsatz aus Alt-Nazis bestand, von neuen nicht zu reden. [Quellen dazu u.a.: Washington Post, WSWS, FAZ.]

     

    Dies und die Tatsache, daß der BND Eichmann deckte -- inzwischen veröffentlichte CIA-Akten; der jüngste Washington-Post-Artikel dazu wurde inzwischen gelöscht (ältere Artikel sind sehr wohl noch online, was soll uns das sagen?), hier eine Kopie: [url=""http://www.hineni.com/index2.asp?id=1345226"" target="_blank">German journalist seeks release of Eichmann files (AP) by David Rising, Berlin, Germany 18.03.2010 -- macht die Jagd auf die RAF-Mitglieder und auch ihre Sonderbehandlung (eine deutsche Spezialität) in den Gefängnissen besonders unappetitlich.

     

    Daß die Verfolgunsbehörden bei einem Wort wie 'Hörnchen' nicht auf Croissant gekommen sein sollten, ist eines der vielen Beispiele, die die tatsächliche Kompetenz von Elite-Organisation wie BND und Konsorten verschleiern sollen: 'Hörnchen' ist die Übersetzung des französischen Worts 'croissant', dafür braucht man kein Romanistikstudium, es reicht, in eine Bäckerei zu gehen... auch 'Ps' für 'Palestinenser' ist nicht gerade eine Abkürzung, die eines Kryptologen bedürfte. Wenn die nicht zu unterschätzenden Sicherheitsbehörden diese Informationen damals aber eigentlich schon gehabt haben müßten... ich denke, das ist ja nicht gerade unplausibel, dann... wäre die Frage, wieso sie die angekündigten Verbrechen zugelassen haben. Das schmälert natürlich nicht die Leistung des Journalisten Michael Sontheimer.

     

     

    --gaijinette (Lothar Gebhardt), SB/SLS

  • TS
    Thomas Sch.

    Na, da möchte ich doch mal genau wissen, wie da nun auf einmal etwas gelungen sein soll, was jahrelang nicht möglich gewesen ist. Geistesblitz ? Anti-Crypto-Programm ?

  • A
    Andreas

    Ich finde es immer "herzerfrischend" wenn sogenannte Experten eines Kalibers (sorry für den militaristischen Begriff) Sontheimer nachweisen, wie "blöd der Rechtsstaat" sei, wie intelligent Mörder sind und warum Opfer an ihrem "Schicksal doch selbst Schuld waren. Kurzum in sicherlich im linkem Spektrum kritisch gesehener Walt-Disney-Manier: Würg!!!

     

    P.S. Eure Zensur ist offensichtlich ab Meinungen des Seeheimer Kreises vollumfänglich greifend, oder träumen die Redakteure schon vom Mindestlohn?

  • GB
    Georg Berger

    Müssen Anzeigen nicht als solche gekennzeichnet werden? Auch dann, wenn sie für das Buch des ehemaligen Chefs sind?

  • S
    Schulz

    Wenn irgendein verstorbener Berliner

    meinen Ex-Mann aergern wollte,

    nannte der den Hans...

     

    und ich war in den 90gern Paula fuer eine Bekannte.

     

    Wollt Ihr mich vera.?

     

    Also jeder wird verdaechtigt.

    Schickt mir ein Belegexemplar.

    Ich zahle spaeter.