piwik no script img

DebatteKyrillischer Kleinkram

Kommentar von Daniela Weingärtner

Der neue EU-Vertragsentwurf soll Europa handlungsfähig machen. Doch diesem Anspruch er nicht gerecht. Europas Einfluss in der Welt wird deshalb nicht wachsen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • JH
    Jasper Habicht

    "Undenkbar, dass die chinesische Zentralbank den Yuan in mehreren Minderheitensprachen auf die Scheine drucken würde."

     

    Nicht nur, dass der Vergleich sehr stark hinkt, er entbehrt noch dazu jeglicher Grundlage! Die Autori hätte gut daran getan sich selbst einmal über die Fakten aufzuklären, bevor sie solche Falschinformationen in die Welt setzte. Denn genau das tut die chinesische Volksbank: Sie schreibt ihre Bezeichnung in immerhin vier Minderheitensprachen auf die Rückseite der Scheine. Das ist arabisch, tibetisch, mongolisch und Zhuang, fein säuberlich angeordnet unterhalb des in lateinische Buchstaben umschrifteten "Zhonghua Renmin Yinhang". Zwar sind in der Tat nicht alle Minderheitensprachen vertreten, aber das ist doch eher dem chinesischen zentralistisch geprägten Politikverständnis geschuldet, das zumindest auf der Ebene der EU wohl kaum ein Äquivalent findet.

  • ????????? ??????????

    "Undenkbar, dass die chinesische Zentralbank den Yuan in mehreren Minderheitensprachen auf die Scheine drucken würde."

     

    Dieser Vergleich ist mehr als problematisch und zeigt wie so oft wie in Europa mit Unwissen auf mache Probleme reagiert wird. Der Autorin ist wahrscheinlich entgangen, dass Bulgarien keine Provinz ist, sondern ein eigenständiger Staat und die Bulgaren keine 'Minderheit' , sondern ein eigenes Volk. Und übrigens, wollen wir wirklich China als Beispiel nehmen für die Zukunft der EU? China ???

     

    Natürlich muss Bulgarien auf die Währung verzichten - es ist ja nur ein winziges Land, politisch unbedeutend. Die 1300 Jahre Geschichte und eine der ältesten Schriftsprachen Europas kann man jetzt doch über Bord schmeissen, die brauchen wir ja nicht in den Wolkenkratzern von Frankfurt. Am besten wir bennen auch gleich das Land um, die Bevölkerung kann sofort auf Englisch umsteigen, denn die bulgarische Sprache ist ja nutzlos !!!

     

    Mit welchem Recht verlangt man, dass die Bulgaren ihre (zukünftige) eigene Währung nicht lesen können !!! Der Autorin ist auch wahrscheinlich entgangen, dass das lateinsiche Alphabet nicht von jedem beherrscht wird, viele Bulgaren der älteren Generationen sprechen keine Fremdsprachen. Was für freche Bulgaren, die verlangen doch tatsächlich den Währungsnamen lesen zu können.

     

    P.S. Wie würden Frankreich und Deutschland reagieren, wenn man ab morgen zum Euro nicht mehr Euro sagen darf ??? Sondern Evro zum Beispiel. So Absurd ist es nicht: der Name Europa kommt ja aus dem Griechischen und da heißt es Evropi .... mit v !!! ;)

  • MS
    Michael Schwarz

    Ich kann dem Kommentar von Frau Weingärtner nur bedingt zustimmen. Tatsächlich sind die Nationalstaaten allesamt künstliche Gebilde, die über den historischen Gemeinwesen errichtet wurden. Dies kann Katalonien sein, Flandern oder das Elsass. Wenn sich die Europäer wieder ihrer eigentlichen Wurzeln besinnen, kann das m.E. nur gut sein. In meinem Falle hieße das dann: "Meine Heimat ist das Rheinland, mein Vaterland Europa." Die meisten Katalonen würden Spanien genauso wenig eine Träne nachweinen wie die meisten Flamen Belgien. Und auch ich könnte auf die BRD gut verzichten.

  • AT
    Andreas Thomsen

    Sehr geehrte Frau Weingärtner,

     

    ist es nicht grotesk, anzunehmen, der Wert des Euro würde geschwächt durch die Tatsache, daß er in der kyrillischen Version EBPO geschrieben wird, und nicht EYPO? Wer von den Börsenheinis und Bankmagnaten kennt sich denn ausserhalb von Osteuropa überhaupt mit Kyrillisch aus?

     

    Zeigt der Disput nicht vielmehr, wie wenig Respekt die Manager der EZB (die ja auf den Scheinen auch BCE, ECB, EKT, EKP geschrieben wird - wo bleibt da bitte die Einheitlichkeit?) vor der Sprache und Kultur eines kleineren Mitgliedslandes haben? Ist es also nicht wieder mal ein typisches Beispiel für die Arroganz der Eurokraten, die sich selbst genügen, und möglichst wenig von der europäischen Bevölkerung gestört werden möchten? Die meinen, sie wüßten, wo's langgeht, und das dumme Provinzvolk dürfe sich möglichst wenig in seine eigenen Angelegenheiten einmischen?

     

    Gerade dieser Eindruck hat doch dazu geführt, daß die sonst so Europa-freundlichen Franzosen und Niederländer die geplante EU-Verfassung abgelehnt haben, weil sie fanden, "Brüssel" tanze ihnen auf der Nase herum. Daß dieser Eindruck teilweise auf Mißverständnissen beruht, die womöglich bewußt herbeigeführt wurden, steht auf einem anderen Blatt. Aber kann sich jemand an eine Kampagne der Europa-Abgeordneten für das Verfassungsprojekt erinnern, die mit Elan europaweit geführt wurde? Bei der auf Argumente für und wider eingegangen wurde? Oder etwa bei der Einführung des Euro (Ebpo, gesprochen "jewro")? Warum handelt z.B. das europäische Patentamt zuweilen so, als sei es niemandem Rechenschaft schuldig außer den großen Industrieunternehmen?

     

    Anscheinend haben weder die Eurokraten, noch die Euro-Politiker, noch die in Brüssel ansässigen Publizisten aus dem Verfassungsdebakel wirklich gelernt. Sie wollen einfach so weitermachen, und wer sich der Dampfwalze entgegenstellt, der wird schon sehn, was er davon hat?

     

    So geht es nicht. Eine Konstellation wie in den USA, wo "die in Washington" für jedes Übel verantwortlich gemacht werden, und trotzdem fröhlich regieren können, ist in Europa wegen der Vielfalt der Nationen und ihrer Kulturen nicht möglich - das würde die EU sprengen (siehe Jugoslawien). Die Brüsseler müssen also schon versuchen, sich den lokalen Interessen gegenüber flexibel zu verhalten, um nicht unnötigen Widerstand zu provozieren, wenn sie Erfolg haben wollen. Angela Merkel scheint das zu wissen, die Großkopfeten von der EZB anscheinend nicht - sie ziehen die Methode "Geßlerhut" vor.

     

    Ich wüßte z.B. gerne, wie mein Europa-Wahlkreis aussieht, und wer ihn im EU-Parlament repräsentiert? Und wo er/sie sein deutsches Wahlkreisbüro hat? Aber anscheinend gibt es für das Europa-Parlament gar keine Wahlkreise, sondern nur Listenplätze der Fraktionen? Wen repräsentiert denn so ein Listen-Abgeordneter?

    Im Grunde genommen doch eher seine Partei, als seine Wähler, die ihn nicht kennen, und die er/sie nicht kennt.

     

    Sie sehen, es gibt Kritikpunkte, die überhaupt nichts mit der Frage der verschiedenen Nationen zu tun haben, wohl aber mit Fragen des Respekts vor den Wählern und der Reräsentativität.

     

    Hier bieten sich viele Gelegenheiten, den Kontakt mit der Bevölkerung zu verbessern, und auf diese Weise letzlich die EU zu stärken. Ohne Respekt vor der lokalen Wählerschaft läßt sich "von oben", aus der Zentrale, keine handlungsfähige Union zusammenbacken - im Gegenteil wird man immer neuen Widerstand a la Kaczynscy oder einst Thatcher provozieren, und sich damit selbst blockieren.

     

    Nochmal zum Thema EBRO: Unser größter kyrillisch- schreibender Handelspartner ist Rußland. Dort heißt der Euro jetzt schon EBRO, gesprochen "Jewro". So wird es wahrscheinlich auch in Serbien, Montenegro und Mazedonien sein, und in den Asiatischen Republiken die einst zur UdSSR gehörten und immer noch Russisch als Verkehrssprache benutzen. Also in einem insgesamt weit über 100 Millionen Einwohner zählendem Markt. Will man die wirklich alle umerziehen wegen der Besessenheit einer Handvoll Frankfurter EZB-Manager vom Konzept des "corporate design"?

     

    Mit freundlichen Grüßen,

     

    A.Th.