Debatte Sarah Palin: Das Risiko "Palin 2012"

Kandidiert sie? Oder nicht? Der Hype um Sarah Palin wird befeuert vom offenen Kandidatenrennen der Republikaner und der permanenten Berichterstattung.

Treibt die Medien vor sich her: Sarah Palin. Bild: dapd

Sarah Palin macht alles anders. Legt man die Maßstäbe für einen möglichen Vorwahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur an, lässt sich Palin nicht in eine Schublade stecken. Und damit schafft es die ehemalige Gouverneurin von Alaska seit Monaten, Spekulationen um ihre weitere politische Karriere anzuheizen.

Kandidiert sie? Kandidiert sie nicht? Die Meinungen über eine potenzielle "Palin-2012"-Kandidatur gehen auseinander. Nehmen die einen die Ikone der konservativen Tea-Party-Bewegung ernst und rechnen ihr durchaus Chancen aus, kalkulieren die anderen mit einem Scheitern der konservativen Mutter der Nation. Oder hoffen darauf, dass Palin doch nicht kandidieren will und ihre gerade gestartete "One-Nation"- Bustour durch den Nordosten des Landes nichts ist als Werbung - für ihre inhaltsleeren Bücher, ihre politischen Ansichten und sich selbst.

Es sind zwei Faktoren, die das derzeitige Phänomen Palin ausmachen: das offene Kandidatenfeld innerhalb der republikanischen Partei und die 360-Grad-Berichterstattung der Medien. Das Rennen bei den Republikanern ist offen wie nie. Nachdem die Demokraten mit Barack Obama einen gesetzten Kandidaten für 2012 haben, der bereits früh angekündigt hat, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren, haben die Republikaner bis dato nicht nachgelegt.

RIEKE HAVERTZ ist Chefin vom Dienst bei taz.de

In dunklen Anzügen brav in Talkshows sitzen

Tim Pawlenty, Jon M. Huntsman Jr., Mitch Daniels oder der ewige Kandidat Mitt Romney. Sie alle gelten bei den Republikanern als ernsthafte Kandidaten. Und so bereiten sie ernsthaft und brav ihre eigene Krönung vor. In dunklen Anzügen mit gedeckten Schlipsfarben sitzen sie in Talkshows, stehen mit aufgekrempelten Ärmeln auf patriotisch beflaggten Bühnen vor bürgerlichem Publikum und sammeln bei Gala-Diners Spenden für die Wahlkampf-Kriegskasse.

Sarah Palin präsentiert ihre Leben und ihre Familie in einer Reality-TV-Sendung, sitzt als Expertin im Studio des Haussenders der Konservativen, Fox-News, und setzt sich mit Flieger-Sonnenbrille auf eine Harley Davidson, um durch eine jubelnde Redneck-Biker-Menge zu brausen.

Das passt nicht in die Dramaturgie einer normalen Kandidaten-Inszenierung. Doch die Erfolge von Tea-Party-Kandidaten bei den Kongresswahlen im November – etwa Marco Rubio in Florida - haben gezeigt, dass es in der amerikanischen Gesellschaft eine Klientel gibt, die sich den normalen Gesetzen des politischen Washingtons nicht mehr unterwerfen mag und anspringt auf Thesen von Rechtsaußen und neuen, alten Patriotismus. "Palin ist eine amerikanische Patriotin", jubelt sodann auch ein Biker in der New York Times über Palins Biker-Ausflug.

Hassobjekt der Linken

Dass Palin nicht als singuläre Erscheinung zu betrachten ist, zeigt die Personalie Donald Trump. Der Immobilienmogul und Reality-TV-Star war für einige Wochen "the next big thing" bei den Republikanern. Mit keinerlei politischer Erfahrung ausgestattet, nährte Trump Ambitionen auf eine Kandidatur mit markigen konservativen Thesen, etwa der wiederholten Aufforderung an Präsident Obama, seine Geburtsurkunde zu veröffentlichen. Damit katapultierte sich Trump an die Spitze so mancher Umfrage – bis er sich selbst wieder aus dem Rennen nahm.

Trumps Kurzeit-Popularität speiste sich auch aus einer schier nicht enden wollenden Flut von Medienberichten, die nach seinem Rückzug genauso schnell abebbte wie sie aufkam. Ein Ende der Palin-Berichterstattung ist indes nicht abzusehen.

Eine Medienmeute folgt ihr quer durch die Bundesstaaten des Landes und zwar nicht nur aus dem konservativen Lager. Kein Medium des Landes ignoriert Palin. Als Ikone der Rechten und Hassobjekt der Linken garantiert sie hohe Einschaltquoten, steigende Auflagen und hohe Klickzahlen.

Als Palin sich in den vergangenen Wochen schweigsam gab, wurde über eben diese Schweigsamkeit berichtet. Spätestens mit ihrer "One Nation"-Tour hat der "Mama Grizzly", wie sich die fünffache Mutter gerne nennt, wieder dafür gesorgt, dass der Medientross Fahrt aufnimmt. Auch, weil sie nach wie vor mit ihrer Kandidatur kokettiert.

Die Massen muss sie noch erreichen

Wer Palin derzeit ignoriert, ist Barack Obama. Und das zu recht. Aus dem Weißen Haus gibt es zur patriotischen Bustour Palins keinen Kommentar. Noch ist sie für Obama nicht relevant, für ihn beginnt eine Auseinandersetzung mit Palin erst, sollte sich die 47-Jährige tatsächlich als Kandidatin ins Spiel bringen.

Die Republikaner hingegen können sich ein offenes Rennen nicht viel länger leisten. Sie müssen ihr internes Kandidatenrennen beenden, um ihrer Basis eine größere Auswahl anzubieten als eine polarisierende Sarah Palin, die zwar eine gewisse Klientel anspricht, deren Massenkompatibilität sich aber erst noch zeigen muss. Gelingt das nicht, wird sich das konservative Amerika auf ein risikoreiches Experiment einlassen müssen: Palin for President 2012.

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Jahrgang 1980, studierte Journalistik und Amerikanistik an der Universität Leipzig und der Ohio University. Seit 2010 bei der taz, zunächst Chefin vom Dienst, seit Juli 2014 Leiterin von taz.de. Schreibt schwerpunktmäßig Geschichten aus den USA.

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