piwik no script img

Debatte Geringerer Lohn für FrauenDie "selbst-schuld"-Propaganda

Das Familienministerium unter Kristina Schröder versucht die systematisch schlechteren Einkommenschancen von Frauen kleinzureden. Das ist Propaganda.

Nicht auf gleicher Höhe: Frauen verdienen häufig viel weniger als Männer. Bild: dpa

Im Sommer dieses Jahres verkündete das Statistische Bundesamt gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium, dass es so schlimm mit der Lohndiskriminierung von Frauen nicht sei. Berücksichtige man strukturelle Unterschiede in der Beschäftigung von Männern und Frauen, blieben als echte Differenz nur mehr rund 8 Prozent.

Erinnern wir uns: Seit Jahren meldet das Statistische Bundesamt, dass die Einkommenslücke zulasten von Arbeitnehmerinnen zunimmt. Unterm Strich verdienen Frauen rund ein Viertel weniger als Männer. Mit dieser Ungleichheit bewegt sich die Bundesrepublik im EU-Vergleich im oberen Drittel.

Gleichfalls seit Jahren verhindern die Wirtschaftsverbände erfolgreich die Einführung eines Gleichstellungsgesetzes in der privaten Wirtschaft. Dieses gilt - wenn auch unzureichend - für die Bundesverwaltung übrigens bereits seit 2001.

Frauen sind selbst schuld

Bild: dpa

Ursula Engelen-Kefer war bis 2006 stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und bis 2009 Mitglied im Parteivorstand der SPD.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat nun noch eins drauf gesetzt: Zwar betrage die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen beinahe 30 Prozent. Bei Bereinigung - das heißt bei gleicher Qualifikation, Berufserfahrung, Unternehmensgröße und beruflichem Status - schrumpfe der Lohnabstand jedoch auf 13 Prozent. Und: Je kürzer der Ausstieg aus dem Erwerbsleben wegen der Kindererziehung sei, desto niedriger falle auch die Einkommenslücke der Frauen aus.

Blieben sie nur bis zu eineinhalb Jahren zu Hause, büßten sie lediglich 4 Prozent ihres Lohnes ein. Diese Einschätzung legt folgenden Schluss nahe: Frauen sind selbst schuld, wenn sie weniger verdienen. Doch das ist pure Propaganda.

Schauen wir auf die Fakten: Frauen haben bei den Qualifikationen erheblich aufgeholt und die Männer teilweise überholt. Allerdings setzen sie immer noch zu sehr auf sogenannte frauentypische Ausbildungs- und Berufswege. Dies ist allzu verständlich, denn die Mehrheit der Fallbeispiele machen wenig Mut zur Nachahmung. Zu groß sind die Diskriminierungen bei Einstellung, beim Einkommen ebenso wie beim Aufstieg.

Bei der Berufserfahrung spielt natürlich die Unterbrechung des Erwerbslebens wegen Kindererziehung oder sonstiger Familientätigkeit eine Rolle. Beides ist aber erst dann zu überwinden, wenn es die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen auch in der Familie gibt und der Staat sowie Unternehmen die erforderliche Infrastruktur für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zur Verfügung stellen.

Davon sind wir meilenweit entfernt. Aber nicht nur strukturell, auch mental haben die meisten Männer und Frauen die Tradition nicht überwunden, die in Frauen vor allem die Mutter und im Vater vor allem den Familienernährer sieht.

Problem der Gewerkschaften

Auch hinsichtlich der Unternehmensgröße werden Arbeitnehmerinnen mit erheblichen Benachteiligungen konfrontiert: In großen Konzernen mit guten Einkommen und Aufstiegschancen werden sie oft erst gar nicht eingestellt.

Die große Ausnahme ist die Deutsche Telekom. Hier hat der Vorstand beschlossen, bis Ende 2015 Führungspositionen zu 30 Prozent mit Frauen zu besetzen. Generell aber gilt, dass Frauen überdurchschnittlich in kleinen und mittleren Unternehmen beschäftigt sind: mit niedrigeren Einkommen und geringeren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten.

Entsprechend geringer fällt auch der Status der weiblichen Berufstätigen aus. Frauen finden sich weit überdurchschnittlich in gering qualifizierter Teilzeitarbeit mit Hungerlöhnen und ohne soziale Absicherung. Über zwei Drittel der annähernd sieben Millionen 400-Euro-Jobs werden von Frauen ausgeführt - ohne und mit Hartz IV, aber in jedem Fall ohne Möglichkeiten, der Armutsfalle zu entkommen. Mit ihrer mangelnden Qualifikation ist das nicht zu begründen.

Aber auch in der gewerkschaftlichen Tarif- und Betriebspolitik gibt es nach wie vor erhebliche Diskriminierung bei Frauenlöhnen. Die Frauen in den Gewerkschaften können sich mit ihren jahrzehntelangen Forderungen nach einer besseren Bewertung von Tätigkeiten, die vor allem von Frauen ausgeführt werden, kaum durchsetzen.

In vielen personenbezogenen Dienstleistungsberufen - im Einzelhandel, Reinigungs- und Gaststättengewerbe, Pflege, Erziehung, Bildung - ist die Organisations- und Verhandlungsmacht der Gewerkschaften zu schwach, um ein Mindestmaß an Lohngerechtigkeit bei den Tarif- und Betriebsverhandlungen zu erreichen.

Entscheidend für die eklatante Benachteiligung von Frauen in Führungstätigkeiten ist die mangelnde Bereitschaft der männlichen Kollegen, Macht und Geld mit den Frauen zu teilen. Noch so hohe Qualifikation, Motivation, Erfahrung, Engagement und Verfügbarkeit von Frauen reichen nicht aus, die gläsernen Decken nach oben zu durchbrechen.

Irreführende Diskussionen

Wer angesichts dieser Fakten gebetsmühlenartig eine ausreichende Kinderbetreuung sowie Vätermonate beim Elterngeld anmahnt, der argumentiert gezielt an der Realität vorbei. Natürlich sind diese Forderungen richtig, aber sie beziehen sich auf Nebenschauplätze. Im Zuge von Schuldenbremse und Haushaltseinsparungen haben die Kommunen bereits deutlich gemacht, dass sie den von der Bundesregierung beschlossenen Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige nicht leisten können.

Die Verlängerung der Vätermonate beim Elterngeld ist im Zuge der Kürzungspolitik der schwarz-gelben Bundesregierung erst einmal auf Eis gelegt. Die Haushaltskürzungen im sozialen Bereich treffen mit der Rekordsumme von 30 Milliarden Euro bis zum Jahr 2014 vor allem die Alleinerziehenden in Hartz IV und ihre Kinder durch die weitgehende Streichung des Elterngeldes. Die minimale Heraufsetzung der Regelsätze des ALG II sowie das Bildungspaket für Kinder, das hinten und vorne nicht reicht, wird die Nachteile sowie die gesellschaftliche Stigmatisierung von Frauen weiter verschärfen.

Erforderlich ist ein radikaler Paradigmenwechsel in der Frauen-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik mit verbindlichen Frauenquoten. Öffentlichkeitswirksame Statistiktrickserei, unterstützt durch regierungsamtliche Propaganda, ist keine Lösung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • SS
    sonnen seite

    Wenn ich Familienministerin Schröder sehe oder reden höre, dann ärgere ich mich meist und wundere mich , warum eine derart kaltschnäutzige und durch Nicht -Kompetenz auffallende Person so ein Amt innehat.

    In Bundestagsdebatten wirkt Frau Schröder unvorbereitet, nicht sonderlich interessiert und arrogant.Am ekelhaftesten fand ich ihren Ausspruch, als es um die Streichung von Eltergeld ging. Sie tat so, als ob Hartz 4 Frauen "Gebärmaschinen" seien und sozusagen für diese Frauen es weniger Anreiz zum Gebären geben sollte.

     

    Hoffentlich kommt die nach der Elternpause nicht wieder.

    Leider hat die auch noch Soziologie studiert. Warum bloß??? Doch nicht des Geldes wegen?

    Frau Schröder tut weder was für Frauen, noch für Kinder.So eine doofe Familienministerin hatten wir noch nie!!!

    Frau schöder tut so, als ob Frauen selbst "Schuld "sind, wenn sie sich beruflich im sozialen Bereich engagieren. Dies zeigt einmal mehr eine Arroganz und Mißachtung dieser für den Zusammenhalt in der Gesellschaft so wichtigen Aufgaben- und das von einer Familienministerin.

     

    und wenn wir demnächst das "bürgerliche Engagement " und die freizügigkeit haben wird der soziale Bereich noch total kaputt gemacht. Die Gehälter sind ja bereits auf unterirdischem Level. befristet 3-11 Monats Hausverträge( Privatissierung macht so manches möglich!!), Aussicht auf Hartz 4,Fachkräfte werden durch Ehrenamtler, 400 Euro oder 1 Euro Kräfte ersetzt. Pädagogik und Pflege kann ja angeblich jeder. Na dann viel Spaß bei der sogenannten Tranzformation des Sozialsektors.

  • P
    Peter

    @Frau Dipl. Ing., 19.11.2010 14:04 Uhr:

     

    Das ist ein treffendes Beispiel für meine Kritik im Kommentar vom 18.11.2010 10:09 Uhr - Danke!

     

    Man kann nicht alles haben, Gerechtigkeit über Extras (Leistungen der Arbeitgeber oder der Sozialgemeinschaft) und gleiches Brutto. Jede gewährte "Nebenzahlung" verursacht auch Kosten, die irgendwo kalkuliert werden (müssen). Wer nicht die Kosten wenigstens anteilig ansetzt, dem gehts es wie der emhaligen DDR: Er geht pleite.

     

    Also auf die Kosten drücken, aber verlangen, diese dürfen nirgends erscheinen ist schlichtweg irr.

     

    Diesen Irrsinn mögen wir den Gewerkschaften verzeihen, denn wenn man im Zweifelfall ein grösseres Portfolio von Massnahmen einklagt, bleibt das eine oder andere als Leistungsverbesserung für ihre Klientel hängen. Aber die Gewerkschaften zu breiteren politischen Theman zu befragen ist wohl albern, da sie ja Vertreter ihrer Klientel sind.

     

    Deshalb kann man den Artikel hier auch getrost ignorieren; es sei denn, mann sähe darin eine erfolgreiche Strategie zu mehr Brutto und weniger eine inhaltliche Klärung von Fragen der Gerechtigkeit.

  • S
    Steffi

    @BlingBling:

     

    Aber das Eine schließt doch das Andere keineswegs aus.

    Natürlich sollten wir daran arbeiten, dass z.B. Pflegeberufe das Prestige und das Gehalt bekommen, das sie verdienen.

     

    Wir sollten aber genauso daran arbeiten, die Vorstellung, dass es so etwas wie Männer- und Frauenberufe überhaupt gibt, obsolet zu machen und es aktiv unterstützen, wenn der Sohn Kinderpfleger und die Tochter Maschinenbauingenieurin werden will; und so etwas nicht bereits bei Kleinkindern durch die Auswahl der Geschenke zu verhindern versuchen.

  • FD
    Frau Dipl. Ing.

    @elmar: Was sollte die Politik tun?

     

    Meine Antwort wäre:

     

    a) Aufhören, vom Arbeitgeber zu verlangen, dass er finanziell für das Risiko, dass eine Mitarbeiterin schwanger wird, gerade stehen muss (Stichwort Lohnfortzahlung und Mutterschutz) und das wie in anderen EU-Ländern aus Steuern bezahlen.

     

    b) Alternative: Gebt den AG das Recht, werdende Mütter so zu behandeln, wie sie es für richtig halten: mit Einhaltung der Kündigungsfrist rausschmeissen! Kinder kann man planen, wer das tut und einen fürsorgenden Mann dazu hat, wird sich das auch organisieren können. Das nimmt den AG den Grund, sich um das Sexualleben ihrer weiblichen Mitarbeiter sorgen zu müssen, er kann voraussetzen, dass sich nur Frauen bewerben, denen es mit der Karriere wirklich ernst ist.

     

    -> Dann gäbe es (annähernd) gleiche Chancen für alle und eine gleichberechtige Grundlage für Gehaltsverhandlungen. Solange ich das Gehalt will (ob fest oder variabel) das Männer wollen, werde ich nicht eingestellt, auf einen Unterbietungskampf will und werde ich mich nicht einlassen.

     

    Mit der derzeitigen Gesetzgebung ist die Ungleichheit jedenfalls zementiert.

  • E
    Elmar

    Engelen-Kefer schreibt richtigerweise, dass sich etwa 8% der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland statistisch nicht erklären lassen. Dies liegt jedoch schlicht an der mangelhaften Datenlagen und ist für sich genommen noch kein Beleg für eine Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen.

     

    Neben den belegbaren Unterschieden des Lohnniveaus (hauptsächlich Berufswahl (Branche), Lücken in der Erwerbsbiographie und Teilzeitarbeit), gibt es vor allem Evidenz aus der psychologischen Forschung, die bestehende Lohnunterschiede erklären helfen könnte:

     

    So hat sich bspw. gezeigt, dass Frauen am Ende ihres Studiums sehr viel geringere Lohnerwartungen als ihre männlichen Kommilitonen haben. Gerade in den Branchen, in denen die Gehälter ausgehandelt und nicht tariflich vorgegeben sind, wird sich dies bereits beim Einstiegsgehalt niederschlagen.

     

    Desweiteren haben Experimente gezeigt, dass Frauen sehr viel risikoaverser bei der Art der Entlohnung sind. Sie verzichten auf einen Großteil des Erwartungswerts an Entlohnung, sofern dieser sicher ist. Männer sind häufiger bereit variable Entlohnung zu akzeptieren, sofern sie bei guter Leistung höher bezahlt werden.

     

    Das sind nur zwei Mechanismen unter vielen, die Unterschiede in Karriereverlauf und Gehalt erklären könnten.

     

    Was soll die Politik dagegen tun? Arbeitgebern verbieten, einzelnen Arbeitnehmern Lohnerhöhungen zu zahlen? Das würde auf eine Lohnsenkung auf das Niveau der Frauen für alle Arbeitnehmer hinaus laufen. Ein wahrer Triumph für die Gewerkschaften.

  • P
    Propagandist

    Was der große Plan der Frau Engelen-Kefer nicht bedenkt ist doch Freiheit. Ich will mich einfach nicht zwingen lassen jemanden nicht beschäftigen zu dürfen weil er keine Frau ist. Irgendwie ist das Planwirtschaft der Besserwissenden. Es versteht sich auch von selbst, daß eine 30jährige keine Lust hat für immer als Quotenfrau in Verdacht zu stehen eigentlich zweite Wahl zu sein. Es ist ja durchaus nachvollziehbar, daß eine 55jährige die nach Jahren des Kampfes dank Quote einen Chefposten bekommen hat damit weniger Probleme hat. Die Debatte ist weniger ein Kampf zwischen Herdheimchen und Kampfemanzen als der zwischen Generationen. Wenn ein angegrauter Sekretärinnenkasanova Seehofer selbst in der CSU plötzlich gegen junge Frauen für die Frauenquote kämpfen muß, dann spricht das eigentlich für den Erfolg der 70er aber es zeigt auch die Verkrampftheit beim Kampf um Themen der 80er. Wenn Rentner junge Menschen, in diesem Fall Frauen, nicht verstehen, dann ist das nicht gerade neu. "Propaganda" ist eigentlich jede Art von anderem Debatten als rein mathematischen. Wie bei allen Themen von Atomkraft bis Sarrazin fehlt jetzt nur ein wichtiger Baustein: Demokratische Abstimmung. Mein Argument wäre bei einer vorhergehenden freien Debatte die Freiheit des Menschen. Überzeugen ja, Propaganda im Sinne wie "ich kaufe dann lieber da wo auch Frauen arbeiten" gerne, staatlicher Zwang nein. Das riecht verdammt nach Schaffung des "sozialistischen Menschen" und das erinnert mich an sehr unangenehme Propaganda und noch unangenehmere Zeiten.

  • C
    Christoph

    Qualifikation ist nicht so relevant, wie manche es gerne hätten. Es geht weniger darum, ob Mann oder Frau fachlich gut ist, sondern darum, ob er oder sie sich verkaufen will.

  • FD
    Frau Dipl. Ing.

    @Jannick, Bewegung und all die anderen:

     

    Richtig, dass mich keiner gezwungen hat, Elektrotechnik mit Schwerpunkt Hochfrequenztechnik zu studieren, auch richtig, dass mich keiner gezwungen hat, mir im jeweils zweiten Bewerbungsinterview anzuhören, ich sei zwar qualifiziert und erwiesener Massen leistungsbereit und interessant für's Unternehmen etc., die Entscheidung fällt für Herrn Sowieso, nicht gegen mich...

     

    ...auf Positionen mit Sozialversicherung und entsprechendem Gehalt (nach Tarif) möchte man mich trotz sehr guter Noten, guten Arbeits- und Praktikumszeugnissen und relevanten Erfahrungen nicht einstellen, da nimmt man doch lieber nen FHler, auch wenn die Stelle nur für Uniabsolventen ausgeschrieben ist.

     

    Dumm genug war ich, zu glauben, etwas anspruchsvolles mit Interesse und Engagement zu studieren und zu arbeiten, brächte mich irgendwie weiter. Letztendlich bin ich froh, dass jemand bereit ist, mich trotz gutem Abschluss in einem anspruchsvollen MINT-Studium zum Essensverkauf auf einem Weihnachtsmarkt einzusetzen... Ich muss dankbar sein!

     

    Solange ich als Frau und Bewerber für entsprechende Positionen nur als Gebärmutter identifiziert werde, habe ich die Wahl zwischen unqualifizierten Tätigkeiten auf 400.- Basis, befristeten Arbeitsverträgen ohne Sozialversicherung (sog. Stipendien für besonders gute Hochschulabsolventen) oder eben der Mutterrolle, die ich - trotz oder wegen Arbeitslosigkeit - nicht einnehmen möchte.

     

    Wie sollte ich meiner potentiellen Tochter erklären, dass sie eigentlich gar nicht studieren braucht, weil man von ihr ausser Kinder gebären nix erwartet und bietet und selbst wenn sie Leistung, gute Noten, Verantwortungsbereitschaft etc. bringt, diese einfach nicht anerkannt wird? Wie soll ich ihr erklären, dass ihr wichtigstes Potential ihr zukünftiger Mann sein wird, den sie unbedingt bekommen muss, da sie ohne diesen nicht einmal die Grundberechtigung ihres Daseins findet und sie ohne Kinder schlichtweg nutzlos ist?

  • B
    BlingBling

    Wann hören wir auf, in dieser Diskussion davon zu reden, wie "dumm" Frauen sind, weil sie bestimmte Berufe wählen? Wie bereits von Eisvogel erwähnt -das Problem liegt doch u.a. darin dass unsere Gesellschaft glaubt, Berufe zB im sozialen Bereich seien weniger "wert" als Berufe in den Bereichen Technik, Finanzen, etc. Und da sich an der Trennlinie zwischen "hohes Gehalt wert" und "niedriges Gehalt wert" auch "zufällig" die Trennlinie "traditioneller Frauenberuf" und "traditionell männliches Berufsfeld" ausmacht, haben wir u.a. die beklagte Ungleichheiten im Verdienst zwischen Frauen und Männern. Es ist doch inkonsequent lediglich ein "wählt alle Männerberufe" in die Welt hinauszurufen, anstatt genau am oben angeführten Punkt anzusetzen!

  • J
    Jannick

    Dieser Artikel ist ebenso reine Propaganda.

    Die zitierten Statistiken sagen herzlich wenig aus: Eine Statistik, die besagt, dass Männer im Schnitt 23% mehr verdienen, besagt nur, dass Männer eher Piloten werden und Frauen Stewardessen.

    Wenn man hergeht und Gleiches mit Gleichem vergleicht, also beispielsweise den Chefpiloten mit der Chefpilotin dann landet man bei Gehaltsunterschieden von deutlich unter 10%. Kein Wunder, da es sich hier auch vielfach um Tariflöhne handelt, die per se gleich hoch sind. Wenn man dann noch so Faktoren wie Betriebszugehörigkeit usw. einbezieht, dann bewegt sich der Gehaltsgap unter 5%.

    Und an dieser Stelle muss man anmerken, dass der Arbeitsmarkt vor allem ein Markt ist. Keine Frau wird gezwungen sich mit einem geringeren Gehalt wie ein Mann abzufinden. Dass sie es dann doch tut anschließend der Gesellschaft als Frauendiskriminierung vorzuhalten ist semischlau.

    Ähnlich wie die Entscheidung für eine Babypause. Menschen treffen bestimmte Lebensentscheidungen und die Konsequenzen dieser Lebensentscheidungen müssen die Menschen nunmal tragen. Ich habe auch Soziologie studiert und kann jetzt nicht darüber jammern, dass mir niemand eine Physik-Professur anträgt. Und wenn sich jemand dafür entscheidet, für längere Zeit aus dem Berufsleben auszutreten und ein Kind großzuziehen, dann ist das eine zu respektierende Lebensentscheidung, allerdings muss dieser Mensch auch mit der Konsequenz seiner Entscheidung, ein geringeres Gehalt oder einen schwierigeren Berufseinstieg, leben. Warum sollte Kinderzeit eine Lebensentscheidung sein, die man revidieren kann, für die es keine beruflichen Nachteile gibt und eine Studienwahl schon?

  • E
    Eisvogel

    90% der Kommentare sind total schwachsinnig, weil sie an der Oberfläche des Problems bleiben.

     

    Kernfragen sind eher: gründliche Berufswahl, Vereinbarkeit von Beruf und Mutterschaft, und die Frage WIESO denn eigentlich weiblich besetzte Tätigkeiten so unterbezahlt sind. Welcher Logik folgt es, dass Autos montieren 18€ die Stunde wert ist und Pflege/Kindergarten nur 7€?

     

    Jetzt kommen natürlich wieder welche mit dem Idiotenargument direkter Wertschöpfung, und lassen die indirekte unter den Tisch fallen, die wohl für deutsche Gehirne zu kompliziert zu ökonomisieren geht (Schweden scheint zB sehr wohl auch ökonomischen Sinn in Gesundheit, Erziehung usw. sehen zu können, aber was braucht der deutsche Mann schon sowas).

     

    Mich interessiert mit anderen Worten nicht wie wir 20% Frauen in Ingenieurberufen bekommen. Mich interessiert, wieso alle die Tätigkeiten die Mutti früher nebenbei zu erledigen hatte, ohne eigenes Geld, bis heute finanziell mit Krümeln abgespeist werden. Ja, ich glaube dass da bis heute achselzuckende Geringschätzung hinter steckt. "Kann die doch ruhig noch schnell erledigen".

     

    Das ist dann aber eine Mentalitätsfrage, die man(n) wie frau nicht mit Dummstatistiken im Sinne der eigenen Bauchmeinung abhaken kann.

  • W
    Wolfgang

    Richtig muss es heißen:

    Das Familienmysterium unter Kristina Schröder oder auch

    als "Geheimnis des Glaubens" bekannt. Sagt doch alles.

  • B
    bewegung

    dass frauen weniger lukrative berufe ergreifen ist durchaus ein selbstverschuldetes problem. niemand zwingt eine frau zum germanistikstudium. doch leider sind frauen sogar noch stolz drauf, wenn sie möglichst dem klischee entsprechen: "mir ist geld nicht so wichtig (weil ich nicht so materialistisch und karrieregeil, sondern eine richtige frau bin!). ich möchte etwas arbeiten, was mir spaß macht!" ein studium in MINT-fächern wäre auch viel zu unweiblich!

    solange frauen selbst so denken, wirds wohl nix werden mit gleichem verdienst. der wird ihnen nämlich nicht nachgeworfen, sie müssen sich schon selbst bewegen.

  • K
    Kai

    @ mensing: Sie schreiben "Das eigentliche Problem ist doch, dass Mädchen und Frauen (in den Köpfen vieler Bundesrepublikaner) immer noch weniger Wert haben, als Jungs bzw. Männer...". Da liegen Sie aktuell falsch. Untersuchungen belegen mittlerweile das genaue Gegenteil. Deshalb ist auch die Förderung von Jungen wieder auf der 'Agenda'.

  • H
    Hollerup

    Gleiche Chancen werden Frauen erst haben, wenn aufs Kinderkriegen verzichtet wird, dann wäre genug Zeit da, sich in gleichem Maße im Beruf zu engagieren wie Männer.

  • DP
    Daniel Preissler

    gute abschließende Forderung, aber wischiwaschi-Argumentation mit Widersprüchen:

     

    "Beides ist aber erst dann zu überwinden, wenn es die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen auch in der Familie gibt und der Staat sowie Unternehmen die erforderliche Infrastruktur für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zur Verfügung stellen."

     

    Da haben Sie Recht! warum wenig später den ersten Ansätzen desselben widersprechen und sie zu Nebenschauplätzen erklären. Was wollen Sie eigentlich, mosern oder gestalten und verändern?

  • T
    Tom

    Also mir sind z.B. Fälle bekannt, wo Frauen auf jeden Fall vorgezogen wurden, relativ unabhängig von der Qualifikation. Die waren im technischen Bereich tätig, wo der Frauenanteil unter 10% lag. Trotzdem wollte man unbedingt Frauen in bestimmten Ebenen haben. Somit hatten die konkurrierenden Männer keine Chance. Die Frau bekommt den Posten, weil sie eine der seltenen Frauen ist. Das ist die Kehrseite von der ewigen Gleichstellungsdebatte.

    Nur damit in den Führungsetagen nicht nur Männer sitzen, werden Frauen unverhältnismäßig befördert. Das kann es dann auch nicht sein.

     

    und zudem finde ich es für Frauen ziemlich diskriminierend, wenn sie "nur" wegen des Gesetzes gleich viel Geld bekommen, und nicht weil man sie genau so wert schätzt.

    Die Gefahr besteht, dass dann Frauen weniger Jobs bekommen, wenn zwangsweise die Gehälter angeglichen werden.

    Zudem gibt es nun mal Gehaltsunterschiede und zwar nicht nur zwischen den Geschlechtern. Anderer Job, andere Firma, andere Region, usw. -> anderes Gehalt. Gleiches Geld für gleiche Leistung ist doch eh Utopie.

  • M
    mensing

    Das eigentliche Problem ist doch, dass Mädchen und Frauen (in den Köpfen vieler Bundesrepublikaner) immer noch weniger Wert haben, als Jungs bzw. Männer – ganz egal in welchen Lebensbereichen. In typischen Männerberufen werden Frauen von der männlichen Übermacht gerne belächelt – aus Prinzip.

    Welche Frau lässt sich schon gerne dauerhaft für dumm verkaufen?

    Mag sein, dass es frau gelegentlich an Kampflust fehlt ... und wenn nicht, dann wird sie gleich als „total unweiblich“ bezeichnet.

    Eine Quote „ohne wenn und aber“ macht Sinn, denn der Muff in den Köpfen löst sich nicht von selbst auf. Im Übrigen kann ich meinen 3 Töchtern nur empfehlen: Verzichtet auf Kind und Kegel und macht eure eigenen Unternehmen auf!

  • R
    Regina

    Es gibt doch auch unterschiedliches Brutto unter Gleichgeschlechtlichen AN.

    Deshalb ist es doch auch verpönt über die Höhe des Gehaltes zu sprechen.

    Lohn oder Gehalt sind immer Verhandlungssache.

    Wenn ich das als Frau nicht fertig bringe, ja dann.....

    Ich selbst habe damit gute Erfahrungen, denn ich weiß was ich leiste und kann es auch verhandlungstechnisch einbringen. Bin keine Emanze, falls das hier jemand denken sollte.

  • Q
    Querulant

    Gleichberechtigung bedeutet nicht, dass in allen Berufssparten die Geschlechterverteilung statistisch exakt 50 zu 50 ist. Wer so argumentiert verkennt, dass es Berufe gibt, die für das jeweilige Geschlecht in der Mehrheit einfach unattraktiv oder zum Teil auch ungeeignet ist.

     

    Gleichberechtigung im Berufsleben bedeutet u.a. dass Geschlechter ohne institutionelle Schranken oder gesellschaftliche Diskriminierung ihre Berufe wählen können.

  • S
    Schmidt

    Wenn es im hiesigen system nicht einmal funktioniert, dass mann und frau gleich bezahlt werden, ist doch das system falsch und nicht durch irgendein isoliertes mann/frau-gleichstellungssystem behebbar. Denn weshalb sollten alle anderen relationen der gehälter (bleichgesicht/neger, bäcker/lehrer usw. usf.) stimmen, wenn es nicht einmal zwischen mann und frau klappt?

     

    Frau Schröder selbst ist ein beispiel für die falschheit. Hätte sie ein ministergehalt ezielt, wenn nicht zufällig frau Merkels wahl auf sie gefallen wäre oder will mir jemand erzählen, frau Schröder hätte im gegensatz zu anderen in frage kommenden personen eine herausragende qualifikation?

     

    Ich erwähne die "qualifikation" nur deshalb, weil sie immer als vergleichsmaßstab herangezogen wird. Doch auch die sog. qu. ist eine zweifelhafte größe. Denn was nützt irgendeine diplom-urkunde o.ä. um die tatsächliche produktivität bmiteinander zu vergleichen? Jemand kann bei der einstellung ein einser-diplom vorweisen aber dann am realen arbeitsplatz trotzdem mist bauen.

     

    Oder Schröders und andere leute hinweis, frauen würden zurückhaltender das gehalt aushandeln. Da zeigt es sich doch, was das zentralmerkmal der "marktwirtschaft" ist, nämlich der handel mit geld. Du kannst die besten brötchen backen oder die kinder zu den besten menschen erziehen, aber darauf kommt es nicht an. Es kommt darauf an, welches handels-geschick jemand an den tag legt. Weil im bürgerlichen system alles in geld"wert" umgerechnet werden soll, um eben damkit handel betreiben zu können. Naturgemäß werden die dem zentralen merkmal dieses systems am nächsten stehen, nämlich die leute die mit geldpaketen handeln, am reichsten. Nicht weil sie einen besonders guten oder schlechten charakter haben, nicht weil der handel mit geldpaketen die menschheit bereichert, sondern weil es das system so mit sich bringt.

     

    Es ist sinnlos oder eine sysiphus-arbeit dieses system mit gleichstellungsgesetzen reparieren zu wollen.

  • P
    peter

    Gleiches Brutto für gleiche Arbeit heist gleiches Brutto (statistisch gesehen) für Männer und Frauen dann und nur dann, wenn Frauen und Männer auch (wieder statistisch gesehen) den gleichen Tätigkeiten nachgehen.

     

    Das ist aber ganz offensichtlich nicht der Fall.

     

    Darüber hinaus ist schon die Idee, das Brutto müsste gleich sein, Quark, da einerseits auf dem Konto nur das Netto nach Abzug von Abgaben und ggf. Unterhalt ankommt und anderseits Sozialtransferzahlungen die Nettoeinkommen (das ist durchaus auch erwünscht) verzerren.

     

    Wir haben also keinen wirklichen Arbeitslohn, weder Brutto noch Netto, sondern eine Art Soziallohn, wo es Zahler und Empfänger gibt, die dann wieder unterschiedlichen Einsatz (Wahl der Tätigkeit nach Art und Belastung) wählen können, je nach dem, wie sie im Transfersystem aufgestellt sind.

     

    Diese komplexe Zusammenhänge nun nach Geschlechtergruppen auf das Brutto zu reduzieren, ist also nicht zielführend für eine differenzierte Sicht der Gerechtigkeit (wohl aber geeignet als Schwert z.B. im Geschlechterkampf).