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Debatte DoktortitelDas Guttenberg-Syndrom

Kommentar von Rainer Kreuzer

Die Promotion ist längst zur Farce geworden. Und wer Karriere machen will, braucht den Doktortitel nicht. Warum schafft man ihn nicht ab?

E s gibt Leute, die beinahe schon als Chef, Leiter oder Vorstand zur Welt kommen: Menschen, die bereits nach wenigen Monaten Berufserfahrung zum Chefredakteur aufsteigen oder sofort irgendetwas leiten: eine Abteilung, ein Ressort, ein Ministerium oder am besten den ganzen Konzern.

Man sieht es ihnen auf den ersten Blick an, dass ihr Weg direkt nach oben führt. Egal welche Schnitzer sie sich erlauben, welche handwerklichen Fehler und Mängel: Jeder Flop führt sie einen Schritt weiter - mit oder ohne Doktortitel.

Auch in den Medienbetrieben findet man sie. Deutschlands mächtigster Medienboss etwa, der Bild-Zeitungs-Chef Kai Diekmann, konnte es sich sogar erlauben, sein Studium abzubrechen. Der akademische Abbruch, der einem sonst gern als mangelndes Durchhaltevermögen ausgelegt wird und die Berufschancen fast in Richtung Hartz VI mindert, bildete bei Diekmann den Start in eine wunderbare Karriere. Schon vier Jahre nach dem Beginn seiner Ausbildung trug er den Titel "Chefreporter". Auch die Mehrheit der Vorstände in den DAX-Unternehmen hat es zu keiner Doktorwürde geschafft, dafür aber an die Spitze der Macht.

Wer den Doktor noch braucht

Niedergelassene Ärzte können mit oder ohne Titel viel oder wenig Geld verdienen. Die Doktorwürde ist dort das Relikt einer Standestradition und mit einem wissenschaftlichen Aufwand, der dem einer Bachelorarbeit ähnelt, zu erlangen. Naturwissenschaftler promovieren, wenn sie in der Forschung arbeiten wollen. Bei den Anwälten der großen Wirtschaftskanzleien gilt der Dr. auf der Visitenkarte als Ausweis ihrer Milieuzugehörigkeit. Die Global Player der Unternehmensberater schmücken sich noch gern mit dem Titel, um die Macht ihres Wissens zu demonstrieren.

Für die üblichen Jobs in der urbanen "Wissensgesellschaft" ist allzu tiefgründiges Wissen eher ein Hindernis. Hier zählen Flexibilität und schnelle Wendigkeit. "Organisationen, in denen Inhalte sich ständig ändern, erfordern mobile Problemlösungsfähigkeiten. Das Bestreben, sich sehr intensiv mit einem Problem zu beschäftigen, wäre dysfunktional, da Projekte ebenso abrupt enden, wie sie beginnen", schreibt der US-Soziologe Richard Sennett in seiner Zeitdiagnose "Die Kultur des neuen Kapitalismus".

Gemäß dieser Kultur sind die deutschen Universitäten im vergangenen Jahrzehnt zu Fachschulen für instrumentelle Bildung umgestaltet worden. Der Bachelor als Regelabschluss passt haargenau ins postfordistische Getriebe der kurzen Produktionszyklen: griffige Formeln, knappe Merksätze. Der Powerpoint-Vortrag ersetzt die zähe Lektüre der Klassikertexte. "Das postmoderne Wissen", von dem Jean-François Lyotard schon 1979 sprach, zerfällt in Module und wird in Form von Credit Points austauschbar bis beliebig.

Antiquierter Bildungsfetisch

Für die Berufspraxis des heutigen Akademikers genügt dies. Denn betriebliches Handeln wird nicht nur in der Produktion, sondern inzwischen auch in den Humandienstleistungen durch Manuals und sogenannte Qualitätshandbücher standardisiert. Die Lektüre der Originale - wie beispielsweise der Schriften der beiden oben zitierten Autoren, Sennett und Lyotard - hat daher auch in der universitären Forschung längst ausgedient.

Die Drittmittelforschungen in den Sozialwissenschaften müssen auf etablierten Methoden basieren und zu quantifizierbaren Ergebnissen führen. Eine Durchdringung des Gegenstands erscheint oft nebensächlich - und vor allem ineffizient. Der Forscher wird austauschbar, da er ohnehin standardisierte Formeln auf die jeweilige Problemstellung anwendet. Die kurzen Zyklen der Drittmittelbewilligungen limitieren die Bewegungen des Geistes. Im harten Konkurrenzkampf um die befristeten Stellen wird die wissenschaftliche Erkenntnis zum Mittel für den Zweck.

RAINER KREUZER

ist freier Journalist in Hamburg. Er hat an der Uni Lüneburg in der Behindertenpädagogik promoviert und im besetzten Hamburger Gängeviertel das integrative Kulturprojekt "Möglichkeitsräume" gegründet.

Der Doktortitel entstammt einer ganz anderen Zeit. Er wurde im 13. Jahrhundert in Bologna erfunden, als die Wissenschaft noch einem winzig kleinen, elitären Zirkel vorbehalten war. Die Massenuni seit den 1970er Jahren führte zwar zu einer gewissen Chancengerechtigkeit, aber auch zu einer Fetischisierung von Abschlüssen und Titeln. Je mehr sie in Umlauf gerieten, desto wertloser wurden sie.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der Promotionsabschlüsse verdoppelt und lag 2009 bei über 25.000. Der Doktor-Fetisch ist in diesem Lande so mächtig wie in keinem anderen, und doch anachronistisch. Als eine Farce wird die Promotion nicht nur durch den Fund von Plagiaten entlarvt, sondern auch durch jene zahlreichen Arbeiten, die aus endlos zusammengereihten, aber korrekt nachgewiesenen Zitaten bestehen.

Mitschuld der Doktorväter

Die Doktorväter tragen daran eine gehörige Mitschuld. Statt mit Genie und Originalität zu glänzen, wetteifern sie selbst um die Anzahl ihrer Veröffentlichungen in den Fachzeitschriften mit den höchsten Impact-Faktoren (die, die am meisten zitiert werden). Neues findet man darin selten. Alte Thesen und Ergebnisse werden permanent umgeschrieben und neu verpackt: Output-Optimierung ersetzt Qualität. Das Plagiat ist der Offenbarungseid jener Uni, die sich der Industrie längst angeglichen hat.

Den Doktor abzuschaffen wäre nur konsequent. Mit ihm ginge jedoch die typisch deutsche Ideologie von der Autonomie des Geistes verloren, die trotz ihrer Unwahrheit einen Funken an Utopie enthält. Um die Promotion für jene Studenten zu retten, die tatsächlich aus Leidenschaft und ehrlichem Erkenntnisdrang lernen und forschen wollen, wäre neben der neuen Bologna-Uni eine zweite, komplementäre Bildungsinstitution notwendig.

Das sollte dann eine freie Möglichkeits-Uni sein, die von der bürokratischen Last der vielen Prüfungen, Zertifizierungen und Evaluierungen frei bleibt und dafür Angebote und Unterstützung, anregende Diskussionen sowie Zeit zur freien Lektüre bietet.

Auf Wettbewerbsfähigkeit und unmittelbare "Praxisorientierung", wie sie die Wirtschaft vorgibt, muss darin verzichtet werden. Nur als Kulturgut wie ein geschütztes Denkmal, das schließlich seinen Wert hat, hat der Doktor eine Zukunft. Wer Karriere machen will, braucht ihn ohnehin nicht.

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17 Kommentare

 / 
  • JA
    J. Amazonas

    Das nachgeworfene "summa cum laude" hat seit heute eine militärische Entsprechung: den großen Zapfenstreich live in der ARD. Beides unverdient, beides inflationiert, beides Pop und Showgeschäft.

  • N
    niknik

    Naja, ich weiß nicht, ich glaube, daß eine Doktorarbeit die Grundlage für eigenverantwortliches, wissenschaftliches Arbeiten ist. Ich habe das jedenfalls in dieser Zeit mehr gelernt als im Studium. Ich habe auch das Gefühl, dass auch die Anforderungen einer Dissertation mit der Zeit gehen. So ist es mittlerweile in vielen Bereichen üblich, einzelne Teile der Dissertation in wissenschaftlichen Zeitschriften zu veröffentlichen, also wirklich der Weltöffentlichkeit zugänglich zu machen und nicht nur ein paar verstaubten Unibibliotheken in Deutschland. Somit sind viele Doktorarbeiten also außerhalb der Heimatuni von kritischen Gutachtern rezensiert, und unorgineller Schrott oder Wiedergekautes kommt nicht einfach so durch. Auch wenn das Peer-review-System seine Schwächen hat, sichert es doch Qualtität und damit kann auch in modernen Doktorarbeiten durchaus etwas Neues und 'bahnbrechendes' zu finden sein.

  • T
    Torsten

    Also in den Naturwissenschaften ist eine Promotion aus 2 Gründen auch heute noch sinnvoll, selbst wenn man nicht sen Leben mit Forschung verbringen will.

     

    1) Man lernt selbständig (wissenschaftlich) zu arbeiten. Dieser Punkt ist garnicht hoch genug einzuschätzen. Neue Themen selbst(!) zu finden, Projekte zu planen und eigenverantwortlich von A-Z durchzuziehen. Das lernt man nicht auf der FH/BA oder durch irgendwen, der powerpoint charts verteilt.

     

    2) Man dient nicht als Trainee-Futter für sinnfreie Einführungsjobs, wie sie bei deutschen Firmen verbreitet sind. Diese Firmen nehmen doch am liebsten schnellstudierte Absolventen, denen sie mit dem Gehaltsscheck die Firmenphilosophie implantieren können. Jemand, der weiß was er kann, kann sich entsprechend anders verhalten.

  • E
    eindoktorand

    Hervorragende Analyse. Vor allem was die aktuelle Umgestaltung der Hochschulen betrifft.

  • A
    anachronicus??

    "...da er ohnehin standardisierte Formeln auf die jeweilige Problemstellung anwendet."

     

    Da hat ja einer den kompletten Durchblick, wie's heutzutage in der Forschung läuft, wie?

    Absoluter Schwachsinn.

  • K
    kotelette

    einen "PhD" am ende des namens eigentlich eine sehr gute lösung.

     

    ein problem ist, so denke ich, das obrigkeitsdenken des einzelnen, welches sich äußert menschen mit titel "herr/frau doktor" anzuprechen. erst wenn dieses verhalten verschwindet, kann man über titel sprechen. gerade weil nicht jede dissertation dem niveau anderer entspricht.

  • N
    Nils

    Den Doktorgrad wieder ernst nehmen wäre sinnvoller als ihn abzuschaffen. Nie habe ich so viel gelernt als in den 3,5 Jahren meiner Doktorarbeit. Nie bin ich so an meine Grenzen gegangen (geistig und körperlich) wie insbesondere in der Abschlusszeit der Dissertation. Diese Arbeit hat mich hervorragend auf den Wissenschaftsbetrieb vorbereitet, mit seinen Härten und Schwächen.

    Was den Doktor angeht sollte es "back to the roots" heißen. Der Doktor ist ein akademischer Grad, kein Titel. Man sollte sich nicht mit ihm schmücken können, sondern ihn sich erarbeiten müssen als Ausbildung für einEn WissenschaftlerIn. Es braucht ihn auch nicht jeder, weil er vielen nichts nützt, aber manchen, die seine Idee ernst nehmen, nützt er sehr. Daher: nicht abschaffen, sondern ernst nehmen.

  • C
    Cyrus

    Schonmal "Das Glasperlenspiel" von Hesse gelesen?

  • L
    likewise

    Ersten fällt einmal auf, daß sowohl Lyotard als auch Sennett ihren Dr. hatten.

    Zweitens ist die Beispielanhäuferei als Beleg für die Richtigkeit einer kruden These eher ein Versuch der Verdummung als der Aufklärung. Ohne Probleme lassen sich zahllose Gegenbeispiele (Menschen die mit, teilweise gerade wegen ihres Dr.-Titels den beruflichen Aufstieg schafften) finden.

    Zu Guttenberg mag wissenschaftlich eine Niete gewesen sein, aber sicher nicht zu dumm, um den Wert eines Dr. vor dem Namen zu überschätzen. Mag die Zahl derer, die ihn deswegen wählten marginal gewesen sein. Die Zahl derer, die ihn deswegen auf die Wahlliste setzten wird erheblich größer gewesen sein. Und, so banal das klingt, nur wer auf der Liste steht, kann gewählt werden.

     

    Es ist zudem verstellend, die Aussichten innerhalb der Karriereleiter ausschließlich auf Veröffentlichungen zu konzentrieren. Sie mögen, wie auch immer, 200 Aufsätze in den bedeutendsten Zeitschriften der Zunft veröffentlicht haben. Ohne Dr. werden sie nicht Prof., nicht mal Juniorprof.

     

    Wer das ALter des Titels Dr. erwähnt um seine Antiquiertheit und den dahinterstehendn Anachronismus implizieren will, sollte dazu erwähnen, daß der Bachelor/Bakkalaureus, Magister keinen Deut jünger sind. -- Also weg mit allen akademischen Graden und Schaffung der Möglichkeit für Erstsemester grundständig zum Institutschef und Lehrstuhlinhaber zu werden?

     

    Vielleicht aber hätte es einfach genügt zu erwägen, wie man den Dr.-Titel (auch und gerade in einer Zeit, in der die Qualität der Dr.-Arbeit und der Publikationen geradezu zweitrangig ist im Vergleich zum Alter des Bewerbers, für den "publish or perish" eine ganz konkrete Drohung darstellt) durch verschärfte Qualitätsansprüche, wie auch durch Auswahlkriterien, die endlich wieder die wissenschaftlich relevante Qualität in der Vordergrund stellen, wieder den zustehenden und notwendigen Stellenwert geben kann

  • D
    Dr_hc_Cäsar

    danke, rainer kreuzer, für die kalte, frische dusche. endlich hat mal jemand das kern-problem in der "causa guttenberg" benannt: der dr.-titel ist in deutschland allseits begehrter fetisch, der nichts über die intellektuellen fähigkeiten seines trägers aussagt. in diesem sinne ist er etikett, zierde, statussymbol; leider selten mehr als das.

  • S
    Steffen

    Tut mir leid, aber dieser Artikel ähnelt vom Sinngehalt und Hetzfaktor über die "achsoschlauen Taugenichtse" von Akdademikern dem des BILD-Zeitungs-Mülls. Jeder Träger eines Doktortitels ist jetzt auf einmal ein überheblicher, selbstverliebter und arroganter Betrüger?!?!

  • F
    ferkulum

    ihre beispiele für hervorragende leitfiguren, die auch ohne weitreichende bildung bzw. doktorandenausbildung auskommen ist bezeichnend. ist der neue held der taz etwa der chefredakteur der bild-zeitung oder die vielen dax-manager (die doch allzu nachhaltig wirtschaften???). wenn sie die oberflächlichkeit der heutigen wissenschaft bemängeln (was z.T. stimmt!), ist es denn dann auch noch der richtige schritt die ausbildung, in der man zumindest die chance hat tief zu gehen, ganz abzuschaffen? das klingt für mich eher fatal. ebenso, wie, dass alle forschungsergebnisse quantifizierbar sein müssen. das geht nämlich oftmals gar nicht und viele forschungen konnten nur enstehen, weil vorher viele mit ihren forschungen in sackgassen gefahren sind. wie kommen sie eigentlich darauf, dass die wissensgesellschaft viele schmalspurausgebildete braucht? wissensgesellschaft heißt doch, dass insbesondere hochspezielles wissen, das sich z.B. viele naturwissenschaftler während einer promotion aneignen, benötigt wird und nicht nur basics für einfach powerpoint-präsentationen. zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass die steigende zahl der doktoranden eher damit zusammenhängt, dass es einfach viel mehr studierende gibt (man spricht ja auch von der massifizierung der bildung), als das dies ein zeugnis für die einfachheit der promotion ist.

  • TJ
    Tee Jay

    Nicht der Doktortitel ist das Problem, sondern die Art, wie er bewertet wird. Die beiden Buchstaben als Namenszusatz sagen wenig über den Wert eines Menschen aus, aber einiges über dessen Belastbarkeit. Für einen Doktor muss man mehr leisten als für einen Master, für einen Master mehr als für einen Bätschlä, für einen Bätschlä mehr als für das Abitur. Wer fordert, den Doktor abzuschaffen, kann kosequenterweise gleich die Abschaffung aller Abschlüsse fordern, weil das alles Relikte eines antiquierten Bildungsfetisch sind. Ja, in einer idealen Welt schaut man sich jeden Bewerber einige Monate lang an und weiß dann, ob er für eine bestimmte Stelle geeignet ist. In der Realität will man bei 300 Bewerbern und einer verfügbaren Stelle nicht alle 300 Leute nacheinander für einige Montate durchprobieren, sondern sucht nach einem Kriterium, wenigstens einen Teil davon auszusondern. Das ist Diskriminierung? Ja, nicht jeder Bewerber ist für jeden Beruf gleichermaßen geeignet. Aus mir wird nie eine Primaballerina, weil ich einfach zu ungelenkig und etwas zu dick bin, aber das ist mein Problem, nicht das des Ensembles, das mich nicht aufnehmen möchte.

  • F
    ferkulum

    ihre beispiele für hervorragende leitfiguren, die auch ohne weitreichende bildung bzw. doktorandenausbildung auskommen ist bezeichnend. ist der neue held der taz etwa der chefredakteur der bild-zeitung oder die vielen dax-manager (die doch allzu nachhaltig wirtschaften???). wenn sie die oberflächlichkeit der heutigen wissenschaft bemängeln (was z.T. stimmt!), ist es denn dann auch noch der richtige schritt die ausbildung, in der man zumindest die chance hat tief zu gehen, ganz abzuschaffen? das klingt für mich eher fatal. ebenso, wie, dass alle forschungsergebnisse quantifizierbar sein müssen. das geht nämlich oftmals gar nicht und viele forschungen konnten nur enstehen, weil vorher viele mit ihren forschungen in sackgassen gefahren sind. wie kommen sie eigentlich darauf, dass die wissensgesellschaft viele schmalspurausgebildete braucht? wissensgesellschaft heißt doch, dass insbesondere hochspezielles wissen, das sich z.B. viele naturwissenschaftler während einer promotion aneignen, benötigt wird und nicht nur basics für einfach powerpoint-präsentationen. zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass die steigende zahl der doktoranden eher damit zusammenhängt, dass es einfach viel mehr studierende gibt (man spricht ja auch von der massifizierung der bildung), als das dies ein zeugnis für die einfachheit der promotion ist.

  • J
    Jala

    Ja, ja, Ja!

    Danke für diesen Artikel.

    Das beschriebene Problem ist der Ursprung der Bildungsstreiks 2009/2010

    Nirgendwo ist stärker zu sehen gewesen, dass eine andere Uni von Nöten ist, aber mit Sicherheit nicht für alle.

    Es gibt die Karriere orientierten und es gibt die Wissen zum Selbstzweck der Erkenntnis suchenden, zwei verschiedene Gruppen, in den aktuellen Universitäten ist nur platz für erstere.

    Nur kann man ihnen ihr Recht auf Karriere nur schwer absprechen, also ist eine zweite Uni im Sinne des Autors eine Idee, die wir versuchen sollten in die Realität umzusetzen!

    Doch welche Geldgeber hätten daran Interesse?

  • D
    Doktorand

    Dem Autor entgeht wohl, wie wichtig die so anachronistischen Doktoren und Doktoranden für die universitäre, aber auch wirtschaftliche, Forschung sind. Ohne sie keine besetzten Labore, keine Grundlagenforschung, keine neuen Ideen, keine hart erkämpften Umstürze.

    Der Doktor-Titel ist die "Reifeprüfung" der Wissenschaft. Ein ersntzunehmender Mediziner, der forschen möchte, wird seinen Doktor deart gestalten. Ein Politikwissenschaftler, der Neues in die Analyse der Weltsysteme bringen will, muss sich und seine Fähigkeiten ersteinmal in der Doktor-Arbeit unter Beweis stellen und jemand der bei BASF DAS neue Mittelchen entwickeln soll, muss ja auch irgendwo bewiesen haben, dass er die Fähigkeit dazu hat.

     

    Natürlich ist es sinnvoll ein wenig mehr auf die Qualität der Arbeiten zu achten. Sicherlich braucht ein Allgemeinmediziner nicht umbedingt einen Doktor und auch so manche ethnologische Doktorarbeit scheint eher einem Selbstzweck denn dem ernsthaften Erkenntnisinteresse zu dienen.

    Aber gleich den Doktor abschaffen zu wollen, das ist einfach kurzsichtig.

  • DA
    Dr. Acula

    ...und in naturwissenschaftlichen Fächern wie Chemie promovieren immer noch 90-95% der Absolventen, weil sie noch besonders viel Kapital, Energie und Motivation aufbringen, um dieses "Kulturdenkmal" zu erwerben?