Das überflüssige Weimarer Dreieck : KOMMENTAR VON CHRISTIAN SEMLER
Die Dramaturgie des gestrigen Weimarer-Dreieck-Treffens zwischen Frankreich, Polen und Deutschland entsprach seiner politischen Bedeutung: erst die bilaterale Zusammenkunft zwischen Chirac und Merkel, dann – als Appendix am frühen Nachmittag – die Dreierkonferenz.
Das Weimarer Dreieck war in den 90er-Jahren als regelmäßiges diplomatisches Konsultativtreffen begründet und 1998 in den Rang eines Treffens der Staats- und Regierungschefs erhoben worden. Ziel war es, die Politik abzustimmen und den Weg Polens sowie der ostmitteleuropäischen Staaten in die EU zu fördern. Schon damals begegnete das Dreieck der Kritik westlicher EU-Mitglieder wie östlicher EU-Aspiranten. Der Einwand: wozu das Dreieck, wo die EU aktuell und künftig über weit mehr Ecken verfügt?
Es hat auf der Seite der ostmitteleuropäischen Beitrittsländer nicht an Versuchen gefehlt, die Politik gegenüber der EU zu koordinieren. Diese Versuche sind allesamt gescheitert und nach dem Beitritt auch gegenstandslos geworden. Die polnische Regierung kann keineswegs als „Sprecher“ der neuen östlichen EU-Mitglieder auftreten. Seit dem polnisch-britischen Sonderweg im Irak kann auch nicht die Rede davon sein, dass das Weimarer Dreieck eine einheitliche EU-Politik koordinieren könnte. Und schließlich sind die drei Länder unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen völlig ungeeignet, etwas Nennenswertes zu dem Problem der Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union beizutragen.
Im Vorfeld des Treffens hat der polnische Präsident Lech Kaczyński erklärt, er werde insbesondere das Verhältnis der EU zu Russland thematisieren. In dieser Frage kann Polen auf vergangene wie aktuelle negative Erfahrungen zurückblicken, die für die EU wichtig sind, aber von ihr nicht ernst genommen werden. Nur sollte das Weimarer Dreieck nicht der Ort für entsprechende Erörterungen sein. Denn gegen die Versuche des russischen Präsidenten Putin, hegemonistischen Druck auf einzelne EU-Mitglieder auszuüben, kann nicht in einer Staatenkonstellation verhandelt werden, die – wie das Weimarer Dreieck – selbst im Ruch des Hegemonismus steht.