■ Das Portrait: Mircea Snegur
Es entbehrt nicht einer gewissen Symbolik, daß Mircea Snegur nach Worten sucht, wenn er bei offiziellen Anlässen seine Muttersprache Rumänisch spricht. Der moldovanische Präsident, der das politische Russisch müheloser beherrscht, vollführt seit langem einen Zickzackkurs zwischen dem großen großen Bruder Rußland und dem kleinen großen Bruder Rumänien.
Die kleine Ex-Sowjetrepublik Moldova mehrheitlich von ethnischen Rumänen bewohnt und ein Teil des rumänischen Fürstentums, 1940 von Stalin annektiert, noch unter Gorbatschow Bastion der sowjetischen KP-Hardliner, erklärte ihre Unabhängigkeit kurz nach dem Moskauer Putsch 1991. Bei der Pflicht autoritär, in der Kür unbeholfen, sicherte Ex- Kommunist Snegur seither seine Alleinherrschaft in dem Viereinhalb-Millionen- Land, darin unterstützt von einer Exnomenklaturamafia, die das Parlament ebenso beherrscht wie die Ökonomie des Agrarlandes.
Snegur wurde 1940 geboren und stammt aus kleinbäuerlichen Verhältnissen. Nach einer mühseligen Karriere als Ackerbauexperte (ab 1985 war er ZK-Sekretär für Landwirtschaft) gelang ihm rechtzeitig die Wende zum „Reformer“ und so stieg er 1990 zunächst zum Vorsitzenden des moldovanischen Parlaments, dann zum Präsidenten auf. Der Bürgerkrieg in Moldova, der zur Abspaltung der international nicht anerkannten „Dnjestr-Republik“ führte, in der orthodoxe russische Kommunisten und Militärs herrschen, gefährdete Snegurs Macht eine zeitlang. Nach Verhandlungen mit Präsident Jelzin vor einem Jahr konnte Snegur jedoch ein Patt für seine kräftemäßig unterlegene Republik aushandeln.
Moldovas Präsident hat die „rumänische Option“ noch nicht aufgegeben Foto: Reuter
Der Preis – ein Verbleib unter dem Einfluß Moskaus – veranlaßte Snegur den heftigen rumänischen Umarmungsversuchen, die in einer Wiedervereinigung münden sollten, eine Abfuhr zu erteilen. Dennoch will Snegur es sich nicht ganz mit Rumänien verscherzen. Am Sonnabend erklärte er anläßlich eines Kurzbesuches in Bukarest, daß Moldova zwar beim GUS-Gipfel am 26. Juli in Jerewan das Abkommen über eine ökonomische Union unterschreiben werde, gleichzeitig aber die „Reintegration der beiden rumänischen Staaten“ vorantreiben wolle. Keno Verseck
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen