■ Das Portrait: Gregor Böckermann
Pater Gregor Böckermann hat 18 Jahre seines Lebens in Algerien als Missionar gelebt. Die Kutte seines 1868 gegründeten Ordens ist dem arabischen Burnus nachempfunden. Deshalb heißen die Brüder die „Weißen Väter“. Die nächsten 18 Jahre seines Ordenslebens, erzählt der 57jährige, schlanke und energiegeladene ordinierte Priester, sei er dem Rat der Algerier gefolgt, ihnen besser dadurch zu helfen, daß er gegen „die ungerechten Strukturen“ in seinem eigenen Land missionieren gehe. Pater Böckermann ist sichtlich stolz auf den kleinen Kreis, der sich im ersten Stock einer Frankfurter Westend-Villa um den Tisch versammelt hat. Die „Ordensleute für den Frieden“ bereiten sich im Gespräch, mit Gebet und Gesang auf ihre erste „Aktion des zivilen Ungehorsams“ vor. Ein bißchen Angst haben sie schon, den Eingang der Deutschen Bank zu blockieren und damit „nachdrücklicher“ als in den vorherigen Mahnwachen den Schuldenerlaß für die Dritte Welt zu fordern. Schwester Roswitha von den Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu knotet vorsichtshalber Groschen und die Telefonnummer des Rechtsanwaltes in ihr Taschentuch. Später wird sie, mit stiller Unnachgiebigkeit und leicht zitternden Händen, der Ordnungsmacht in Gestalt eines einzelnen Polizisten die klare Stirn bieten und die Fensterscheiben des spiegelnden Bankpalastes mit Kleister und Plakaten versehen. Die Franziskanerin Adelheide verteilt Flugblätter und sieht in ihrer schwarzen Kutte mit dem roten Kreuz auf der stattlichen Brust ehrfurchtgebietend aus. Die männlichen Ordensleute sind in Zivil zur Foto: Volker Laubenthal
Sitzblockade gekommen. Sie haben das vorher diskutiert. Manche haben gar kein Habit mehr, andere verwahren es nur noch im Schrank. Es für die Aktion extra anzuziehen, sagt einer, das käme ihm „aufgesetzt, wie eine Show für die Medien“ vor. „In unseren Häusern ruht das geraubte Geld der Armen (Jesaja 3,14)“ steht auf dem 20 Meter langen Transparent. Kurz vor dem Aufbruch war aus dem Matthäus-Evangelium gelesen worden: „Sammelt Euch nicht Schätze auf Erden, wo Motten und Rost sie verzehren.“ Das aber sei, betonen die Ordensleute unisono, „nicht von der Kanzel herab“ gemeint. Sie beziehen sich als Nutznießer des Kapitalismus mit ein: „Auch wir sind als Konsumenten, Sparer und Wähler an der Ausbeutung der Dritten Welt veranwortlich beteiligt.“ Heide Platen
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