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■ Das PortraitIrene Soltwedel

Sie gilt als die „Dissidentin“ in der Fraktion der Grünen im hessischen Landtag: Irene Soltwedel (37) aus Ebsdorfergrund-Rauschiholzhausen im schönen Vogelsberg nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es gilt, der „Fischer- Gang“ – dem „Frankfurter Kreis“ bei den hessischen Grünen – in die Suppe zu spucken. Das imponiert(e) der Basis, die der Ex-Regionalberaterin 1990 mit satter Mehrheit zu einer zweiten Legislaturperiode im Landtag verhalf. Die Landwirtschaftsexpertin avancierte mit ihrem Fachgebiet zur Gegenspielerin der damaligen CDU- Landwirtschaftsministerin Irmgard Reichhardt vom Hofgut Ringelshausen. Und deshalb steht Irene Soltwedel heute – in der zweiten rot-grünen Ägide des Landes – dem Ausschuß für Landwirtschaft und Forsten vor.

Doch innerhalb der Fraktion hat sich die Diplompädagogin mit flinker Zunge fast in die Isolation geredet. „Profilneurosen“ werfen ihr ausgerechnet die grünen Männer in der Fraktion und an der Regierung vor, die selbst gerne die Medien-Tycoons spielen. Als sich „Irenchen“ (Grüne) zu Jahresanfang schützend vor die von Fraktionsgeschäftsführer Reinhold Weist gemaßregelte Verkehrsexpertin der Fraktion stellte, stand sie am Ende wieder alleine da: Die Verkehrsexpertin arrangierte sich – und dementierte eine ihr „unterstellte“ Zusammenarbeit mit Irene Soltwedel. Inzwischen hat Soltwedel bei Teilen der Landtagsgruppe den Status Hier Foto Nr. 22

Foto: Karin Hill

einer „Persona non grata“. Man braucht die selbstbewußte Frau, die während des Kälbermastskandals den Mitgliedern der Landespressekonferenz ein rohes Stück Chemiefleisch vor die gerümpften Nasen hielt, für die Abstimmungen im Landtag – und zur Anbindung der Ökobauern und kritischen Verbraucher an die Partei. Und ein(e) NachfolgerIn für Irene Soltwedel ist nicht in Sicht.

Deshalb werden die Weists und von Plottnitze mit ihrer unbequemen „Dissidentin“ aus der Provinz leben müssen. Irene Soltwedel jedenfalls hat nicht vor, sich dem „Mainstream“ in der Fraktion anzupassen. An den Wochenenden, in Rauschiholzhausen im Fachwerkhaus und auf dem Tennisplatz, tankt die Mutter von zwei Kindern würzige Mittelgebirgsluft in die Lungen – um die „Fischer-Gang“ wieder anpusten zu können. Klaus-Peter Klingelschmitt

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