■ Das Portrait: Petra Pau
Foto: Erik-Jan Ouwerkerk
Sie habe, so Petra Paus Selbsteinschätzung, eine für DDR-Bürger typische Biographie. Ein Charakterisierung, die mehr über das Geschichts- und Selbstbewußtsein der neuen Vorsitzenden der Berliner PDS aussagt als über den ehemals real existierenden Sozialismus. Denn Petra Pau hatte eine für den normalen DDR-Bürger eher untypische Karriere in der Nomenklatura hinter sich. Deren vorläufigen Höhepunkt erreichte sie 1988, als sie beim Zentralrat der FDJ hauptamtlich mit der Aus- und Weiterbildung von Pionierleitern betraut wurde. Den Wunsch, Pionierleiterin zu werden, hatte sie bereits in der 10. Klasse. Nach abgeschlossener Ausbildung und zwei Jahren Tätigkeit an einer Schule ging sie 1985 an die Parteihochschule. Das Ziel ihrer pädagogischen Tätigkeit beim Zentralrat der FDJ charakterisiert Pau im nachhinein selbstkritisch als Einfügen in die bestehenden Normen. Mit diesen Normen kam sie selbst nie in Konflikt. Sie hätte sich gar vorstellen können, für das „Ministerium für Staatssicherheit“ zu arbeiten. Doch dieser Wunsch, so Pau selbst, wurde nie an sie herangetragen, ihre Kontakte beschränkten sich auf das im Rahmen ihrer Arbeit Notwendige. Auch heute geht sie nicht auf Distanz zum ehemaligen Schild und Schwert der Partei. In der Stasi-Debatte sieht sie eine Reduzierung der politischen Geschichte und Verantwortlichkeit, die der Pauschalkriminalisierung der DDR diene. Mit der Verteufelung der DDR solle das Streben nach antikapitalistischer Alternative, ergo die PDS, verketzert werden.
Auch Paus Karriere in der PDS ist so unauffällig wie zielstrebig. Im Frühjahr 1990, noch während der Abwicklung der Pionierorganisation, engagiert sie sich in einer PDS-Bezirksgruppe, ein Jahr später ist sie bereits stellvertretende Landesvorsitzende und seit gestern mit 29 Jahren jüngste Landesvorsitzende der Partei. Parteifreunde charakterisieren sie als enorm fleißig, mit politischer Position hat sie sich allerdings nicht profiliert. Sie agierte bislang im Schatten André Bries, der wegen seiner von ihm verschwiegenen MfS-Mitarbeit zurücktreten mußte. Pau als seine Nachfolgerin ist eine zur PDS passende Verlegenheitslösung: Mit ihrer Biographie verkörpert sie die Traditionslinie der Partei, mit ihrer Jugend signalisiert sie vermeintliche Erneuerung, ohne dieses Signal jedoch umzusetzen. Dieter Rulff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen