■ Das Portrait: Haris Silajdžić
hier Foto Nr. 21
Foto: Bonn-sequenz
„Wären in Alaska 1.000 Pinguine bedroht, hätte Greenpeace längst eingegriffen – aber wir Bosnier gehören wohl nicht zu den schützenswerten Spezies.“ Haris Silajdžić erscheint resigniert. Nach den Tagen harter Verhandlungen während der Genfer Konferenz Anfang Januar hat der Mittvierziger tiefe Ringe unter den Augen. Angesprochen in seiner Eigenschaft als „moslemischer“ Außenminister, reagiert er jedoch lebhaft. „Warum sprechen Sie nicht auch vom christlichen Präsidenten Bush oder vom katholischen Bundeskanzler Kohl?“ Hartnäckig besteht Silajdžić auf der „richtigen Terminologie: bosnische Regierung“. Der Staat Bosnien-Herzegowina ist für ihn mehr als nur ein Staat, er ist ein Konzept des Zusammenlebens unterschiedlicher ethnischer Gruppen und Religionen. Die Aufteilung Bosniens wäre „das Ende eines humanen und demokratischen Prinzips“.
Daß die serbischen und kroatischen Nationalisten die Aufteilung durchsetzen wollen, betrifft ihn persönlich. Trotzdem glaubt er an den Sieg der Vernunft. Die meisten bosnischen Serben und Kroaten seien nämlich „Freunde“, mit denen Bosnien gemeinsam gegen Karadžićs Terroristenverbände verteidigt“ würde.
Auch nachdem Präsident Izetbegović die Vorschläge der EG und der UNO über die „Dezentralisierung“ Bosnien-Herzegowinas anerkannt hat, möchte Silajdžić die „ursprüngliche ethnische Mischung im Staat“ garantiert wissen. „Die Rückkehr aller Vertriebenen muß garantiert werden.“ Er habe „feste Zusagen“ von den Unterhändlern Cyrus Vance und David Owen diesbezüglich erhalten. Im Ganzen jedoch verbittere ihn die Politik der UNO und der EG, wie auch das „weitgehende Desinteresse der Bewegungen für Frieden und Menschenrechte“. Insbesondere den europäischen Staaten hält Silajdžić ein „bislang schreckliches Versagen“ vor. Der Krieg habe Europa „bereits jetzt mehr verändert als irgendein anderes Ereignis seit 1945“. Wenn Europa „nicht endlich auf seiten der Opfer“ eingreife und damit „auch der Zerstörung seiner eigenen Werte Einhalt“ gebiete, werde es „bald nicht mehr wiederzuerkennen sein“. Wenn schon nicht eingegriffen werde, müsse wenigstens das Waffenembargo aufgehoben werden, „damit wir uns selber verteidigen können“. Andreas Zumach
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