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■ Das PortraitManfred Bruns

„Ich habe begonnen, mich für die Emanzipation der Schwulen einzusetzen, weil mein Lebensweg ziemlich verkorkst war. Ich dachte mir, da muß sich was ändern, damit sich so etwas nicht wiederholt.“ So beschreibt Manfred Bruns, einer der Sprecher des Schwulenverbandes in Deutschland und Bundesanwalt am Bundesgerichtshof (BGH), seinen Weg in die Schwulenbewegung. Der 59jährige gebürtige Bonner stammt aus einer erzkatholischen, konservativen Familie. Entsprechend konventionell ist zunächst sein Werdegang. Der junge Jurist heiratet 1961 und wird dreifacher Vater. Rückblickend sagt Bruns, sei er schon immer „ausschließlich homosexuell veranlagt“ gewesen, doch „durch die religiöse Erziehung habe ich das einfach nicht wahrgenommen. Heute kann ich gar nicht mehr begreifen, daß man so manipuliert wird.“ Die Gespräche mit seiner Frau beschreibt er als „langen Prozeß“, getrennt haben sie sich nicht. Bruns pendelt zwischen der gemeinsamen Wohnung und der seines Partners.

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Foto: Peter Meyer/forum

Sein Coming-out am Arbeitsplatz hatte er 1984. Anläßlich der Kießling-Affäre unterrichtete er seinen Chef, Generalbundesanwalt Kurt Rebmann, über seine Homosexualität. Daß er daraufhin von der Staatsschutzabteilung an den mit Zivilrecht befaßten 1. Senat versetzt wurde, hat ihn nach über zwanzig Dienstjahren am BGH „getroffen“. Rebmann wollte ihm Auftritte in der Öffentlichkeit untersagen und stellte gar Strafanzeige, weil Bruns in einem Gutachten für die Deutsche Aids-Hilfe die Vergabe von Spritzen an Drogenabhängige für rechtmäßig erklärt hatte. Mitte der achtziger Jahre schaltete sich Bruns in die zunächst von Hysterie geprägte Debatte um Aids ein. In Vorträgen und als Mitglied der Enquetekommission Aids des Bundestages sprach er sich – mit Erfolg – gegen Zwangsmaßnahmen für HIV-Infizierte aus.

Als Mitinitiator der „Aktion Standesamt“ setzt sich Bruns dafür ein, daß die Ehe auch lesbischen und schwulen Paaren offensteht. Über 250 heiratswillige Homo-Paare stürmten im August 92 die Standesämter. Einige der Abgewiesenen wollen bis zum Bundesverfassungsgericht klagen. Bruns hofft, daß die Karlsruher Richter eine „erhebliche Rechtsunsicherheit und Nachteile“ für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften feststellen und den Gesetzgeber aufrufen, ausgleichende Regelungen zu schaffen. Dorothee Winden

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