■ Das Portrait: Frieder Jelen
Selten kündigt ein Minister seinen Rücktritt noch vor seinem Amtsantritt an, aber in Mecklenburg-Vorpommern gehen die politischen Uhren noch anders. Frieder Jelen, gelernter Pastor auf Rügen und seit seiner Wahl in die letzte Volkskammer der DDR 1990 Berufspolitiker, ist seit vergangener Woche neuer Umweltminister der Landesregierung in Schwerin. Der 49jährige will es aber nur bis zum Ende der Legislaturperiode 1994 bleiben und dann auf seine Insel zurückkehren, das habe er der Familie und seiner Kirchengemeinde versprochen.
Der bedächtige Mann soll die Skandalministerin Petra Ullmann und den Sumpf ihres Kieler Staatssekretärs Conrad vergessen machen. Schließlich war der CDU- Landtagsabgeordnete Jelen umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion und hat sich als Gegner der Pläne für eine riesige neue Werft an Rügens malerischer Küste auch überregional einen Namen gemacht. Selbst die im Lande vertretenen Umweltverbände BUND, Naturschutzbund und WWF begrüßten die Wahl des CDU-Mannes.
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Foto: privat
Mit dem neuen Minister zeichnen sich auch programmatische Veränderungen im Umweltressort ab. „Glasnost“ in der andauernden Affäre um die Skandaldeponie Schönberg verspricht Jelen. Auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks Greifswald-Lubmin soll kein Strahlenmüll von außerhalb gelagert werden dürfen. Und grundsätzlich werde sich die Wirtschaft in Mecklenburg- Vorpommern vom Kungeln mit dem Umweltressort verabschieden müssen. Potentielle Investoren müßten zu mehr Kompromissen bereit sein, Wirtschaftsstandorte künftig in konfliktarmen Regionen gesucht werden.
Für den alltäglichen Verwaltungskram hat auch der in der Lausitz geborene Pastor seinen Wessi. Anding heißt der, kommt aus Bayern und soll als Staatssekretär den ministeriumsinternen Saustall seines Vorgängers Conrad ausmisten. Dem Konflikt mit dem Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister des Schweriner Kabinetts, der beispielsweise beim Naturschutzgesetz ansteht, muß sich der Kriegsdienstverweigerer Jelen selber stellen. Im Landtag versprach der Abgeordnete Jelen: „Wir werden die Konflikte zwischen Umwelt und Wirtschaft nicht beschönigen. Und wir werden uns in Zukunft mehr streiten.“ Der Minister Jelen wird dazu künftig reichlich Gelegenheit haben. ten
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