■ Das Portrait: William Nygaard
Als Salman Rushdie im August letzten Jahres auf dem traditionellen Sommerfest des norwegischen Verlags Aschehoug in Oslo auftauchte, galt dies als internationale Sensation. Es war der Beginn einer Reihe weiterer öffentlicher Auftritte Rushdies, um seinen „Fall“ nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, denn der Schriftsteller ist nach wie vor von dem Mordaufruf des verstorbenen iranischen Revolutionsführers Khomeini bedroht. Der Besuch bei Aschehoug und dessen Verlagsdirektor William Nygaard war nach Rushdies Aussage der „Durchbruch“ für erneute internationale Unterstützung.
Ein Zufall war es nicht, daß dies gerade in Oslo geschah. Viele Verlage veröffentlichten Rushdies „Satanische Verse“, wenige betonten öffentlich Unterstützung für den gefährdeten Autor. Nygaard gehört zu letzteren. Die norwegische Ausgabe des Buches war ein Jahr nach dem englischen Original erschienen, Nygaard hatte sich persönlich dafür stark gemacht. Dies, obwohl es in Norwegen als einzigem europäischen Land außer Großbritannien organisierte Protestaktionen von muslimischen Organisationen gegeben hatte: 25 Gruppierungen hatten Nygaard vergeblich aufgefordert, die Übersetzung nicht herauszugeben. Er erhielt mehrere Attentatsdrohungen, stand zeitweilig, ebenso wie die Übersetzerin Kari Risvik, der Verlag selbst und dessen Druckerei, unter Polizeischutz.
Rushdies norwegischer Verleger Foto: Reuter
Der Hobby-Skispringer Nygaard war als gerade 30jähriger Chef des angesehenen liberalen Aschehoug- Verlags geworden. Als 45jähriger begann er ein Studium in Harvard, weil er „das Gefühl hatte, daß eine Auffrischung not tut“. Daß er dort angenommen wurde, verdankte er AutorInnen seines Verlags, wie Merilyn French und Isaac Singer, die sich bei der Uni für ihren norwegischen „Chef“ einsetzten.
Das Attentat, bei dem er am Montag schwer verletzt wurde, hat mittlerweile verschiedene norwegische und schwedische SchriftstellerInnen und JournalistInnen veranlaßt, ihre Regierungen zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Iran aufzufordern. Ob die Schüsse auf Nygaard tatsächlich mit dem iranischen Mordaufruf gegen Rushdie in Zusammenhang stehen, dafür hatte die norwegische Polizei auch gestern noch keine Beweise. Es gibt aber keine andere Spur. Reinhard Wolff
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