■ Das Portrait: Hans Koschnick
„Mostar ist etwa so groß wie Bremerhaven“, sagt der Mann, der mit seinem 65. Geburtstag nächste Woche eigentlich seinen Abschied aus der Politik feiern wollte. Hans Koschnick, über 18 Jahre lang Bremer Bürgermeister und als „Präsident des Senats“ eigentlich Ministerpräsident des kleinen Bundeslandes, soll für die Europäische Union in die bosnische Stadt gehen.
Vertrauensarbeiter Foto: AP
„Ich hoffe, daß ich in ein oder zwei Jahren nach Hause zurückkomme,“ schätzt er die Dauer seiner Mission. Einerseits müsse die Bevölkerung von Mostar ihre Stadt wieder aufbauen, sonst mache es keinen Sinn, als neue Basis für die Versöhnung. Andererseits müsse Europa helfen und das zerstörte Vertrauen wiedergewinnen.
„Vertrauensarbeit“ ist ein Wort, das viel von dem Politiker verrät. Vater Koschnick war in Bremen Sekretär der „Revolutionären Gewerkschaftsopposition“ (RGO) am linken Flügel der KPD und wurde 1933 ins KZ gesteckt. Nach dem Krieg engagierte sich der Sohn bei der „Internationale der Kriegsdienstgegner“. Seine politische Karriere, die ihn mit 30 Jahren ins Bremer Landesparlament führte, machte aus ihm schnell den Verantwortlichen für die Polizei – mit 34 Jahren wurde er „Senator für Inneres“ und mit 38 „Präsident des Senats. Vier Jahre später holte er bei den Landtagswahlen für die SPD mit 55,3 Prozent das beste Nachkriegsergebnis. Und als er nach 18 Jahren im Amt sagte, er wolle einfach aufhören, da munkelte man, Koschnick sei der „heimliche Außenminister“ der SPD. Seine umfangreichen Reisen hatten ihm vorher nur Kritik wegen der mangelnden Präsenz an der Weser eingebracht.
Koschnicks Außenpolitik war immer vor allem Vertrauensarbeit. Mit Haifa verbindet Bremen eine Städtepartnerstadt. Mit Solidarność pflegte er gute Kontakte, als die SPD die osteuropäischen Staaten noch stabilisieren wollte und die Opposition ignorierte.
Der Auftrag, diese Vertrauensarbeit in Mostar fortzusetzen, ist ihm deshalb auf den Leib zugeschnitten. Eine Brücke muß da gebaut werden, andere Projekte, die jedem zeigen: Es geht aufwärts, und es muß jemand da sein, der mit allen kann, der allen zuhört. „Unser Hans“, sagt man in Bremen. Klaus Wolschner
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