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■ Das PortraitGrzegorz Kolodko

Nach mehreren Monaten heftigen Ringens zwischen Lech Walesa und der Regierung in Warschau ist es dem polnischen Präsidenten gelungen, einen relativ unabhängigen, Experimenten abgeneigten Experten in das Amt des Finanzministers zu hieven: den parteilosen, den polnischen Sozialdemokraten nahestehenden Wirtschaftsprofessors Grzegorz Kolodko. Er nimmt den Posten von Marek Borowski ein, der nach einem Streit mit Premier Pawlak über die Privatisierung zurückgetreten war. Kolodko gilt als Befürworter weiterer Privatisierungen. Er war bereits bei der Bildung der Regierung Pawlak als Finanzminister im Gespräch, hatte es damals aber abgelehnt, als Minister den Sozialdemokraten zugerechnet zu werden. Neuer Hüter des polnischen StaatssäckelsFoto: Reuter

Kolodko wurde am 28. Januar 1949 in Tczew südlich von Danzig geboren. 23 Jahre später machte er seinen Abschluß an der Warschauer „Haupthandelsschule“, dem führenden Wirtschaftsinstitut Polens. Seit 1988 leitet der ehemalige Schüler dessen Finanzwissenschaftliche Abteilung. Anfang der achtziger Jahre war er Berater des Chefs der polnischen Nationalbank und reiste als solcher regelmäßig zu Vorträgen in die USA. Ab 1991 war er Berater des Internationalen Währungsfonds (IWF). An Polens Rundem Tisch saß er 1989 als Wirtschaftsexperte auf der Seite der Kommunisten.

Kolodko gehört der eher antimonetaristischen „Polnischen Ökonomischen Gesellschaft“ an und kritisierte in der Vergangenheit häufig die nach seiner Ansicht einseitig antiinflationäre Politik seiner Vorgänger. Polens über 30prozentige Inflationsrate ist für ihn nicht das Hauptproblem, sondern die Binnenverschuldung, die Staatsverschuldung und die Arbeitslosigkeit. Das mag ihm Sympathien bei Sozialdemokraten und der Bauernpartei sichern, doch die kritisierte er Ende letzten Jahres wegen der Erhöhung der Einkommenssteuer um 10 Prozent. Kolodko hätte statt dessen lieber die Warschauer Börse besteuert.

Der neue Finanzminister gilt als schwieriger Chef und Mitarbeiter, der gerne Zensuren verteilt und Kritiker niedermacht. Zusammenstöße mit Premier Pawlak, der zehn Jahre jünger und wirtschaftlich nahezu unbeleckt ist, seien da unvermeidlich, kommentierten Pawlak weniger gut gesonnene Zeitungen. In seiner Freizeit hört der Professor gern Musik, schwimmt, spielt mit seinen zwei Töchtern oder studiert das klassische Altertum. Klaus Bachmann

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