■ Das Portrait: Kalli Feldkamp
Bundeskalli, bist du bereit? Foto: Norbert Schmidt
Nachdem die Bertibuben Montag nacht in Dallas ihren blamablen 3:2-Sieg gegen die Fußballmacht Südkorea zusammengestolpert hatten, stammelte sich Bundestrainer Vogts wieder einmal in eine Flut von Peinlichkeiten. und nichtssagenden Ausflüchten. Nach ihm aber sprach ein anderer, und zwar ganz anders. Der eigentliche Höhepunkt des Spiels: die dritte Halbzeit mit ZDF- Fachkommentator Kalli Feldkamp. So schonungslos wie sachlich fundiert analysierte der frühere Meistertrainer Kaiserslauterns, was Sache war: daß wir Zeugen einer der größten Peinlichkeiten deutscher Nationalmannschaftshistorie geworden waren, daß der Deutschen Tore nichts als glückliche Zufallsprodukte waren, daß die Elf taktisch und physisch schlecht vorbereitet ist.
Im Dunstkreis der „Ja, gut“-Sager, Duckmäuser und Schönredner waren Feldkamps klare Worte eine kleine Sensation. Karlheinz Feldkamp, der offene, intelligente Sympath – brachte sich da nicht jemand als Bertis Nachfolger ins Gespräch?
Feldkamp, gerade 60 geworden, befindet sich im Stadium trainerischer Genialität. Er war Coach in Dortmund, Wattenscheid und Bielefeld. Als Trainer der grauen Maus Bayer Uerdingen gelangen ihm sensationelle Erfolge: Pokalsieger 1985 gegen Bayern München, dann eine Triumphserie im Europapokal bis ins Halbfinale. Inzwischen ist der allseits beliebte und fachlich kompetente Trainer freischwebender Fußballweiser zwischen Bosporus, Pfalz und jetzt Dallas.
Feldkamps intelligent inszenierter Fernsehauftritt galt vielen als Bewerbungsgesuch für den Tag X (schon am Samstag nach dem Achtelfinale?), wenn der allseits belachte und verhaßte Berti Vogts endlich abdankt. Indes zielte Feldkamp nicht Richtung Fußball-Bund und seiner autoritär-konservativen Führungsclique. Denen ist ein bequemer Jasager wie Vogts allemal lieber. Nein, mit seinem beeindruckenden Mitternachtsauftritt via Fernsehen will sich Feldkamp beim gemeinen Fußballvolk als Heilsbringer ins Gespräch bringen. Und, jede Wette, seine Inszenierung wird verfangen!?
Schon einmal, 1983, nach der Demission des Vor- Vogts Jupp Derwall, wurde ein Bundestrainer via Medien auf den Schild gehoben: Eine forsche Bild-Kampagne für Kaiser Beckenbauer gipfelte damals im Aufmacher: „Franz: ,Ich bin bereit!‘“.
Jetzt scheint ein Bundeskalli bereit. Bernd Müllender
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