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■ Das PortraitAdolf Althoff

Zirkusdirektor mit einer gehörigen Portion Zivilcourage zur Zeit des NS-Regimes Foto: Eugen Laucher

„Wir Zirkusleute müssen zusammenhalten“, meint Adolf Althoff heute. Schon 1940, als die jüdische Clownsfamilie Bento von der Gestapo gesucht wurde, war es für den Zirkusdirektor selbstverständlich zu helfen. Althoff, der als 27jähriger gerade seinen eigenen Zirkus gegründet hatte, bot Peter Storms und seiner Frau Irene Danner den Schutz seines Zirkuszelts. Fünf Jahre lang, bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, hielten alle Zirkusleute dicht. Das Leben der Clownfamilie und ihrer beiden Kinder war gerettet. Heute erhält Althoff in Stuttgart im Zirkuszelt seines Sohnes Franz den Ehrenpreis der Stuttgarter Circusfreunde für seine Zivilcourage unter der Naziherrschaft.

So ganz genau kann sich Althoff an die Jahre von 1940 bis 1945 nicht mehr erinnern. Die Gestapo habe immer wieder Probleme gemacht, meint der heute 81jährige. Zu seiner größten Enttäuschung habe ein entfernter Verwandter „die Juden“ bei den Nazis denunziert. Den Bentos, deren Kinder heute noch gefragte Clowns in Varietés und Galas sind, besorgte Althoff falsche Papiere und ließ sie ab und zu unter falschem Namen auftreten. „Beim Zirkus kann man vieles tun und verheimlichen, auch heute noch.“ Ein Nazi habe ihn mal gefragt, wie er zur Partei stehe, als Unternehmer mit über hundert Angestellten. Da habe er ihm klargemacht, daß nationale Politik nicht seine Sache sei: „Wir Zirkusleute sind international, uns gehört die Welt.“ Der Nazi verstand das falsch. Er antwortete: „Uns auch bald.“

Den traditionsreichen Zirkus Althoff führte Senior Althoff dreißig Jahre lang. Als sein Sohn Franz Ende der 70er einen neuen Zirkus aufbauen wollte, war er skeptisch. Sein einziger Kommentar: „So was geht heute nicht mehr.“ Doch auch Franz Althoff gründete einen eigenen Zirkus. Der Senior mochte sich zuerst nicht damit anfreunden, viel zu modern wurde alles. Die geheimnisvolle Atmoshpäre unter der Zirkuskuppel wurde mit Laserlicht und Kunstnebel aufgepeppt. Aus dem einstigen Familienunternehmen, das nachweislich seit 1560 existiert, ist längst ein technisiertes Großunternehmen geworden. Doch die Zirkusluft läßt Adolf Althoff dennoch nicht los. Immer wieder bricht er aus, hält das bodenständige Leben am Rande von Aachen nicht aus. Dann reist er im Wohnwagen zusammen mit Frau Maria dem Zirkus seines Sohnes hinterher, wenn nötig sogar bis nach Schweden. Elke Eckert

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