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■ Das PortraitJovanka Broz

Ab Januar wird Jovanka Broz wieder eine Rente erhalten – erstmalig nach 15 Jahren. Stolze 68.000 Neue Dinar gesteht das „Föderative Amt für Budgetplanung“ in Belgrad der Witwe des jugoslawischen Staatsgründers Josip Broz, genannt „Tito“, zu. Damit wird ein weiteres Kapitel in einem mehr als dramatischen Leben vorerst abgeschlossen sein: das der Armut. Die kannte Jovanka schon aus ihrer Kindheit. Die wohl interessanteste Zeugin der jugoslawischen Geschichte seit Ende des Zweiten Weltkriegs wurde 1924 als Kind der serbischen Familie Budisavljević in Kroatien geboren. Nach dem deutschen Überfall 1941 schloß sie sich den Partisanen an, half bei der Bergung Verwundeter, bis der kommunistische Geheimdienst OZNA auf sie aufmerksam wurde. 1945 wurde sie im Rang eines Majors entlassen und fand aufgrund ihrer hervorragenden Referenzen eine Anstellung in der Residenz Titos. Offenbar machte Jovanka dort eine gute Figur: 1952 heiratete sie den Präsidenten. Daß sie sich in den nächsten Jahren zahlreiche Feinde im Apparat machte, mag an ihrer Herkunft, vielleicht auch an ihrem Hochmut gelegen haben. Ausschlaggebend aber war der Neid vieler auf

Titos Witwe Foto: Predrag Mitić

ihre Stellung direkt neben dem „Alten“. Hochgestellte Politiker beschuldigten sie vom Tage der Hochzeit an, ihre Bediensteten zu malträtieren und sich in staatliche Angelegenheiten einzumischen. Doch sogar der Vorwurf der Spionage für die Sowjetunion blieb folgenlos – bis im Januar 1974 eine Kommission gebildet wurde, die das „negative Wirken“ der Präsidentengattin beobachten sollte. Ob dies tatsächlich im Auftrag Titos geschah, darf bezweifelt werden: Edvard Kardelj, damals der engste Mitarbeiter des Alleinherrschers, äußerte später, es sei darum gegangen, Jovanka von ihrem Mann zu trennen. Als der Präsident sich dann 1977 unter dem Druck des Apparats von seiner Frau trennte, war die Bestürzung in der Bevölkerung groß: Die Aufsteigerin Jovanka war sowohl zu einem Objekt der Verehrung als auch der Abneigung geworden. Ob die Tatsache, daß sich Tito bis zu seinem Tode weigerte, in eine Scheidung einzuwilligen, eher damit zusammenhing oder ob „der Alte“ ahnte, wie man nach seinem Tod mit seiner Witwe umgehen würde, ist bis heute unklar. Fest steht dagegen, daß Jovanka bis heute noch an jedem 4. Mai, dem Todestag Titos, morgens um 8 Uhr Blumen an seinem Grab niedergelegt hat. Petar Janjatović

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