Das Portrait: Folter in Spanien?
■ Benjamin Ramos Vega
Der Katalone Benjamin Ramos Vega befindet sich seit Januar in Berlin in Auslieferungshaft. Dem 32jährigen wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Besitz von Sprengstoff vorgeworfen. Nach Auskunft der spanischen Behörden hat er als mutmaßliches Mitglied der baskischen Untergrundorganisation ETA für das „Kommando Barcelona“ konspirative Wohnungen in Barcelona angemietet.
Auf einer gestrigen Pressekonferenz in Berlin appellierten seine deutschen und spanischen Rechtsanwälte an die deutsche Justiz und Politik, ihn nicht auszuliefern. Ihre Forderung: Die Bundesrepublik solle sich ein Beispiel an Belgien nehmen. In Brüssel waren 1993 zwei mutmaßliche ETA-Terroristen unter gleicher Anklage wie Vegas festgenommen worden. Belgien weigert sich jedoch seitdem, die beiden Männer auszuliefern.
Nach der formellen Anhörung Vegas vor dem Amtsgericht Berlin muß nun das Kammergericht über seine Auslieferung entscheiden. Und das kann dauern. Vegas Anwälte sind überzeugt, daß ihr Mandant – der in der Zwischenzeit politisches Asyl beantragt hat – im Falle einer Auslieferung in Spanien kein fairer Prozeß erwartet. So hätten die in Barcelona unter Folter erpreßten Aussagen eines mutmaßlichen ETA- Terroristen zur Festnahme Vegas geführt.
Sollte das Auswärtige Amt die Informationen der Anwälte über die in Spanien zu erwartenden Verletzungen der Menschenrechte bestätigen, so der Berliner Justizsprecher Frank Thiel, komme eine Auslieferung nicht in Frage: „Wer konkret mit Folter zu rechnen hat, darf nicht ausgeliefert werden.“
Benjamin Ramos Vega Foto: taz-Archiv
Vegas Prozeß in Spanien könnte sich bis zu zwei Jahren hinziehen. Ob er das Urteil noch erleben wird, ist aber fraglich: Der ehemalige Buchhalter ist HIV-positiv. Sein Gesundheitszustand hat sich nach Angaben seiner Anwältin verschlechtert, seitdem die Berliner Justiz ihm die Zustellung seiner Medikamente auf pflanzlicher Basis verweigert. Die spanische Rechtsanwältin und Abgeordnete des baskischen Parlaments, Jone Goirizelaia, sprach gestern von fünf Gefangenen, die allein in den vergangenen zwei Monaten in spanischen Gefängnissen an Aids starben. Auch vor dem Hintergrund des Skandals um die offenbar staatlich gelenkte „Antiterroristische Befreiungsgruppe“ (GAL) sei eine Auslieferung unverantwortlich. Barbara Bollwahn
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