Das Portrait: Karrierefrau
■ Gertrude Mongella
„Von Anfang an hat die chinesische Regierung sich mit außergewöhnlichem Eifer darum bemüht, daß diese Konferenz ein Erfolg wird.“ Wenn Gertrude Mongella in diesen Tagen eine ihrer zahlreichen Ansprachen hält, können sich die Politiker in Peking entspannt zurücklehnen: Sie wissen, daß die Generalsekretärin der 4. Weltfrauenkonferenz ihnen außergewöhnlich wohlgesinnt ist.
So zeigte die Tansanierin in der vergangenen Woche auch Verständnis, als die Polizeibehörden den Teilnehmerinnen des alternativen Forums verbieten wollten, auf ihrem Gelände im Pekinger Vorort Huairou zu demonstrieren – und die chinesische Regierung zu kritisieren. Mongella erklärte zwar, das Demonstrationsverbot sei inakzeptabel. Dann fügte sie aber hinzu, daß sie Chinas Abneigung gegenüber Kritik verstehen könne: „Was hätten sie sonst sagen sollen? Ich würde es auch niemandem gestatten, nach Tansania zu kommen und meine Regierung zu kritisieren.“
Als die Pekinger Führung im Frühjahr dieses Jahres plötzlich beschloß, das alternative Forum in das fünfzig Kilometer vom Zentrum Pekings entfernte Huairou zu verbannen, akzeptierte Mongella dies ungerührt. Die Generalsekretärin meinte zur Freude der Pekinger Politiker, daß Huairou doch ein sehr hübscher Ort sei. Wer etwas daran auszusetzen hätte, meinte Mongella, suche doch nur einen Vorwand, um etwas Negatives über die Konferenz und China zu sagen.
Gertrude Mongella Foto: AP
Seit Dezember 1992 ist Mongella Leiterin des Sekretariats der 4. UNO-Frauenkonferenz. Seitdem hat sie sich den Ruf erworben, eher chaotisch und nicht besonders kompetent zu sein. Sie sei dafür verantwortlich, daß ein völlig unzureichender Entwurf für die Abschlußerklärung der Konferenz vorgelegt wurde, heißt es.
Dabei hat die ehemalige Lehrerin langjährige Erfahrung in der internationalen Frauenpolitik: Bei der letzten Weltfrauenkonferenz in Nairobi 1985 war sie Vizegeneralsekretärin. Seither trat sie in mehreren UN-Gremien in führenden Positionen für die Belange der Frauen ein.
Der Sprung auf die internationale Bühne folgte auf eine politische Karriere im eigenen Land. Mit dreißig erhielt sie ihre ersten öffentlichen Ämter, später war sie als Mitglied der Regierungspartei wiederholt Ministerin. Nun, während des bisherigen Höhepunkts ihrer politischen Laufbahn, wird die Mutter von vier Kindern in Peking ihren fünfzigsten Geburtstag feiern. Jutta Lietsch
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