Das Portrait: Fit fürs Chaos
■ Andrea Nahles
Andrea Nahles ist nach Heidi Wieczorek-Zeul und Susi Möbbeck die dritte Frau an der Spitze der rund 130.000 Jusos und Spezialistin für chaotische Situationen und falsche Gefühle: „Die Funktion von Katastrophen im modernen Trivialroman“ heißt das Thema ihrer Magisterarbeit. Die 25jährige studiert Politikwissenschaft und Germanistik.
Andrea Nahles dürfte der SPD-Nachwuchsorganisation, die sich allzulange in internen Flügelkämpfen zerfleischte, zunächst wieder zu Repräsentanz in den Medien verhelfen: Die politische Leidenschaft der jungen Frau aus dem Eifeldorf Weiler wirkt nicht aufgesetzt, sie formuliert direkt, manchmal auch drastisch. Auf allzuhohe Erwartungen oder gegenüber Schubladendenken reagiert der Science-fiction-Fan mit Ironie.
Die neue Juso-Chefin, die gern auch auf ihre frauenpolitische Arbeit verweist, legt Wert auf die Feststellung, daß sie keinem der beiden großen Lager – „Stamokap“ und „Reformsozialisten“ – innerhalb der Jusos angehört. Allerdings wurde sie am Wochenende mit den Stimmen der traditionalistischen Linken gewählt, deren Kandidat, Ex-Juso-Chef Thomas Westphal, nicht mehr angetreten war.
Andrea Nahles ist neue Juso- Chefin Foto: AP
Wie SPD-Chef Rudolf Scharping stammt Andrea Nahles aus Rheinland-Pfalz. Vor ihrer Wahl mußte sie sich deshalb den bei den Jusos rufschädigenden Vorwurf anhören, sie sei die brave Wunschkandidatin des Parteivorsitzenden – die energiegeladene Jungpolitikerin bestreitet das energisch. Die Tochter eines Maurers und einer Finanzamtsangestellten macht auch nicht den Eindruck, als ob sie sich an der kurzen Leine führen ließe. Offen bekennt sie sich zu ihren politischen Wunschpartnern von den Bündnisgrünen, was im sozialliberalen Rheinland-Pfalz nicht gern gesehen wird.
Als Kandidatin der „Basis“ hatte sich die Studentin den Jusos empfohlen: Schließlich hatte sie in ihrer konservativen Heimatgemeinde Weiler vor sieben Jahren einen SPD-Ortsverein gegründet, der sie dann auch gleich zur Vorsitzenden wählte. Seit zwei Jahren führt sie den Mainzer Juso-Landesverband und sitzt seither auch im SPD-Landesvorstand. Im Vergleich zu der Aufgabe, die Nahles sich zutraut, ist der Gewinn der Wahlen eine bescheidene Leistung. Die Katastrophen- Spezialistin muß erst beweisen, daß sie tatsächlich versteht, wie man katastrophale Lagen überwindet. Hans Monath
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