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Das PortraitDer Nationalist

■ Jordi Pujol

Als Jordi Pujol kürzlich bei einem USA-Besuch als „der Präsident der Republik Katalonien“ vorgestellt wurde, lächelte er nur süffisant. So tun als ob ist die Devise des Präsidenten der katalanischen Autonomieregierung in Barcelona – und das, ohne großes Aufsehen zu erregen wie die rebellischen Basken. Nichts kann Pujols Nationalismus besser ausdrücken als die großangelegte Werbekampagne anläßlich der Olympiade 1992. Die Weltöffentlichkeit erfuhr auf mehrseitigen Anzeigen, daß der Veranstalter „unabhängige Regierung Kataloniens“ heißt; Austragungsort: Barcelona, die Hauptstadt. Von Spanien keine Rede.

Der heute 65jährige Sohn einer alteingesessenen bürgerlichen Familie aus Barcelona mischt seit 1946 in der Politik mit. Zusammen mit einigen Gesinnungsgenossen gründete er 1959 die Banca Catalana, ein Geldinstitut, das kulturelle Einrichtungen und Unternehmen aus dem nationalistischen Lager unterstützte. 1960 brachte ihm dies drei Jahre Haft ein. Diktator Franco sah die Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen nicht gerne. 1974, ein Jahr vor Francos Tod, gründete Pujol eine der Vorgängerorganisationen der konservativ-nationalistischen Convergencia i Unió (CiU). Seit den ersten Autonomiewahlen 1980 ist Pujol Landeschef. 15 Jahre Autonomie sind auch 15 Jahre Pujol an der Spitze.

Außerhalb seines Kataloniens mag ihn keiner so recht. Nur um abzukassieren, so wird ihm vorgeworfen, habe er die sozialdemokratische Zentralregierung von Felipe González bis letzten Herbst unterstützt. Deutlicher Beweis: die 15 Prozent der Einkommensteuer, die im Säckel der Generalität bleiben. Das reiche Katalonien habe sich aus der Solidarität mit den ärmeren Gegenden gestohlen, so der einhellige Vorwurf von links bis rechts.

Hat verloren und regiert weiter: Jordi Pujol Foto: AP

Pujol fühlt sich mißverstanden. Nach Regierungsstabilität sei ihm der Sinn gestanden, und vor allem nach wirtschaftlichen Reformen, um den zaghaften Aufschwung zu sichern. Tatsächlich sind alle wichtigen Gesetze, wie das neue Handelsgesetz, von der CiU ins Parlament eingebracht worden. Allerdings redet man davon nicht gerne. Als Freund der Katalanen möchte sich in Madrid niemand hervortun, das könnte die eigene Klientel verärgern.

Jetzt hat Pujol auch zu Hause die Quittung für seinen Ausflug nach Madrid bekommen. Erstmals ohne absolute Mehrheit tritt er seine fünfte Amtszeit an. Reiner Wandler, Madrid

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