Das Portrait: Marionette in der Hand von Milosevic
■ Zoran Lilic
Der Mann ist kontaktscheu, unzugänglich und verschlossen wie sein Freund und Mentor, der Präsident Jugoslawiens, Slobodan Milošević. Ohne Milošević wäre Zoran Lilić noch heute „ein einfacher Kumpel im Belgrader Gummi-Kombinat Rekord“. Das zumindest behauptet der neugekürte Präsidentschaftskandidat Serbiens von sich, der sich gern mit dem Nimbus umgibt, „als ein Mann des einfachen Volkes die Nöte und Sorgen der Menschen zu kennen“.
Der heute 43jährige Lilić zog in den siebziger Jahren aus dem serbisch-bulgarischen Grenzland als Wanderarbeiter in die Region um Belgrad und jobbte sich durch: als Kellner, Postbote, Handlanger und Farbrikarbeiter. Erst in der Abendschule, später auf der Universität bildete er sich weiter, und schloß ein Studium als Ingenieur für Metallverarbeitung ab.
Im Gummi-Kombinat Rekord fand Lilić 1981 eine neue Anstellung und stieg dort schnell zur Führungskraft auf. Einige Jahre später wurde er Direktor – mit Hilfe des „Bundes der Kommunisten“, der KP Jugoslawiens. Offiziell gibt es keine Angaben darüber, wann Lilić der KP beitrat und welche Funktionen er dort hatte. Es erstaunt jedoch, wie ein kleiner Direktor eines Gummi- Kombinats fast über Nacht auf dem Parteitag 1989 in den Vorstand aufgenommen und drei Jahre später von den Sozialisten ins Rennen um das Amt des Präsidenten von Jugoslawien geschickt wurde.
Auch ist bis heute unklar, wie es Milošević gelang, Lilić gegen andere namhafte Mitbewerber durchzudrücken. Jedenfalls war Lilić spätestens zu diesem Zeitpunkt ein gehorsamer Vollstrecker der Befehle Miloševićs. Was man von ihm erwartete, erfüllte der farblose Genosse ohne Widerrede.
Und als im Juni Miloševićs Amtszeit als Staatschef Serbiens ablief und er sich nach der gültigen Verfassung nicht mehr zur Wiederwahl stellen konnte, räumte Lilić freiwillig das Amt als Staatschef Jugoslawiens. Mit seiner Hilfe wurden im gleichgeschalteten Parlament die bisher weiten Sondervollmachten des serbischen Präsidenten radikal beschnitten. Das bisher repräsentative Amt als Präsident Jugoslawiens soll eine Aufwertung erfahren, die es Milošević ermöglicht, uneingeschränkt zu herrschen. Lilić begnügt sich unterdessen damit, künftig wie eine Marionette von Milošević Serbenpräsident zu spielen. Karl Gersuny
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