Das Portrait: Saubermann mit großen Ambitionen
■ Richard Pound
Als personifizierter Moralapostel reist Richard Pound in diesen Tagen durch die Welt, versucht den gröbsten Schaden vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) abzuwenden und sich selbst ins rechte Licht zu rücken. Seit längerem werden dem 56jährigen Kanadier Ambitionen nachgesagt, das Amt des IOC-Präsidenten von Juan Antonio Samaranch übernehmen zu wollen, etwas Besseres als die Saubermannrolle, die er momentan spielt, konnte ihm kaum passieren. Pound ist der Vorsitzende jener Untersuchungskommission, die zunächst den Korruptionsskandal in Salt Lake City untersuchte, nun aber auch weiterreichende Ermittlungen anstellen will.
„Es ist wirklich unappetitlich, mit Kollegen zu tun zu haben, die etwas in den Schmutz gezogen haben, in das ich so viel von meinem Leben investiert habe“, klagt der Steueranwalt aus Montreal so treuherzig, daß man fast vergißt, daß er als Vizepräsident des IOC in der Vergangenheit auch nicht allzuviel getan hat, der „Nimm mit, was du kriegen kannst“- Mentalität der Olympier Einhalt zu gebieten. Zwar sagte er afrikanischen Delegierten einmal nach, daß sie für die Olympiastadt stimmen würden, in der ihre Frauen am besten einkaufen könnten, auf der anderen Seite hat er maßgeblich jene galoppierende Kommerzialisierung der Olympischen Spiele betrieben, die ursächlich für die Verfehlungen der IOC-Mitglieder ist. Pound, 1960 als Schwimmer Olympia-Sechster über 100-m-Freistil, war es, der die jüngsten Mega- Fernsehdeals aushandelte und das System der exklusiven olympischen Topsponsoren vorantrieb.
Immerhin hat er vor vier Jahren auch versucht, Samaranch abzusägen, und fast Erfolg gehabt. Sein Einspruch verhinderte bei der IOC-Session 1995 in Budapest zunächst die Heraufsetzung der Altersgrenze für IOC-Mitglieder, die dem spanischen Exfaschisten eine weitere Amtszeit ermöglichen sollte, doch der erfolgreiche Gegenputsch des Granden aus Barcelona ließ nicht auf sich warten. „Der Alte war danach noch monatelang wütend“, erinnert sich Pound.
Der mutige Vorstoß des Kanadiers könnte noch Früchte tragen, wenn die Wahl des nächsten IOC-Präsidenten ansteht, dem die Aufgabe zuteil werden wird, der Organisation ein moderneres, demokratischeres Gesicht zu geben. Negativ ins Gewicht fallen könnte eine seiner beiden Buchveröffentlichungen: eine Hommage an Juan Antonio Samaranch. Matti Lieske
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