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Das PortraitDas Schöne geschah

■ Helmut Schöne

Er aß Schleimbrei. In jener Stunde, als der Republik just größtmögliche Schmach zugefügt ward, lag Helmut Schön in Kaiserau zu Bett und aß Schleimbrei. Es war dies der Tag nach Hamburg, dem 0:1 der einen gegen die anderen („DDR“). Und weil der Bundestrainer sich den Magen hielt und weigerte, war es Franz Beckenbauer, der sich der Weltpresse stellte, der den Hoeneß rausschmiß, Flohe, Cullmann, Grabowski gleich mit und dafür Bonhof und Hölzenbein ins Team winkte. Legende? Ergebnis: Schön wurde zu München Weltmeister.

Schon 1965, als es um die WM-Qualifikation für England ging, irrte der mit Magenschmerzen durch die Stockholmer Nacht, in Mexiko ärgerte er sich derart, daß ihm der Magen schließlich zur Hälfte genommen ward. Helmut Schön, der heute in einem Wiesbadener Altenheim 80 wird, ist nämlich sensibel, ein Mann von leisem Humor und dünner Haut. Er zweifelte – vor dem Spiel und nach danach.

Helmut Schön wird 80 Foto: AP

Der Vater war in Dresden Kunsthändler, der Sohn geriet gegen dessen Willen nur zu des Reiches bestem Halbstürmer (16 Länderspiele, 17 Tore). Und war doch der Kunst zugetan. Auf dem Platz und jenseits des Fußballs. Die Mütze auf dem haararmen Kopf, häufte er Meriten wie kein Zweiter: Vize-WM 1966, Dritter 1970, EM 1972, Weltmeister 1974, Vize-EM 1976. Mit Beckenbauer hing vieles zusammen, zwang man ihm 1965 auf. Später brachte der selbst den Schwarzenbeck mit – und den Erfolg. Als der Geliebte ins Exil ging, war auch Schöns Zeit vorbei, die ihren Höhepunkt selbstredend 1972 hatte: Beim 3:1 von Wembley war er womöglich am meisten überrascht, als Netzer daherkam, und das „Ensemble“, das er immer erträumt hatte, perfekt war.

Vorgänger Herberger war ein Law-and-order-Mann, Schön dagegen, der nur in diesem historischen Kontext zu verstehen ist, gab sich den Zeiten gemäß liberaler. Er war die Wende: Statt Fahrtenlieder schmettern zu lassen, führte er die Kicker in die Welt des Theaters ein. Es ist konsequent, daß man den Mann nie mit taktischen Systemen verband: Statt autoritär zu diktieren, ließ er geschehen. Und das Schöne, das Seltsame, das Wunderbare war: Es geschah!

Heute ist alles anders, der Mensch hat Alzheimer und ist eigentlich vergessen: die historische Figur aber wird überdauern. Schön: Wer sein Nachfolger wurde, weiß heute längst keiner mehr zu sagen. Peter Unfried

siehe auch Seite 19

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