■ Das Ökosteuerkonzept ist praktikabel geworden: Richtiger Hebel, geringe Kraft
Aus der groben Keule „Ökosteuer“, mit der die Bündisgrünen einst in der Debatten um den Umbau der Industriegesellschaft die Zukunft der Erde gegen die Interessen der gesellschaftlichen Mehrheit verteidigten, ist mittlerweile ein Hebel geworden, für den sich diese Mehrheit gewinnen ließe. Nun ist durch ständiges Hobeln dieser Hebel so filigran geworden, daß sich bereits die Frage nach seiner Wirkkraft stellt. Nimmt man das vorliegende Konzept der Bündnisgrünen zu den Anpassungshilfen für energieintensive Branchen beim Worte, so drängt sich in der Tat die Frage auf, wieso die Wirtschaft nicht von sich aus darauf verfallen ist. Immerhin, ein Großteil profitiert davon, und wer Nachteile hat, dem wird Ausgleich gewährt. Wodurch also unterscheidet es sich noch von der Selbstverpflichtung der Unternehmer zur Energieeinsparung?
Dadurch, daß es Gesetz wird, dadurch, daß es allgemeinverbindlich eine neue Logik in die (Be-)Steuerung der Wirtschaft einführt, die, wenn nicht früher, so doch später, tatsächlich über den Weg des Be- und Entlastens wirksam werden wird. Die zu erwartende Haltung der Betroffenen wird die des „Wehret den Anfängen“ sein, denn ihre Logik ist die der Standortsicherung.
Darin findet sie auch maßgebliche Teile der SPD auf ihrer Seite, die die Ökosteuer zwar begrüßen, sich im Zweifelsfall jedoch mit dem klassischen Repertoir der Steuerumverteilung begnügen. Erst wenn sie mit ihrem verfassungsrechtlich fragwürdigen Zugriff auf die Vermögen aufgelaufen sind, werden sie sich möglicherweise einer ökologisch orientierten Besteuerung zuwenden. Und das vorerst nur bei den Verbrauchern. Denn alle weitergehenden Eingriffe fallen für sie unter das Verdikt einer europäischen Harmonisierung.
In der Tat ist dies eine Achillesferse des Ökosteuerkonzepts. Als nationale Maßnahme hat sie ökologisch einen begrenzten Effekt und kann wettbewerbsverzerrend wirken. Doch hat das Argument auch umgekehrt einen wahren Kern: Erst wenn eine solche Maßnahme von einem zentralen Mitgliedstaat eingeführt und verfochten wird, wird eine Harmonisierung der Ökosteuer notwendig. Dieter Rulff
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