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■ Das Erdöl- und Waffenembargo gegen Haiti geht zu EndeErdöl schmiert die Diktatur

Wieder einmal ist es erwiesen: Waffen und Öl sind es, die Diktaturen am Leben erhalten, und nicht Lebensmittel oder Medikamente. Das Erdöl- und Waffenembargo war es denn letztendlich auch, was die haitianischen Machthaber zum Nachgeben zwang. Erst im Juni 1993 verhängt, zeigten sich die Auswirkungen schon sehr schnell: Junta-Führer Cédras und Exilpräsident Aristide schlossen unter UNO-Aufsicht im Juli ein Abkommen zur Wiedereinsetzung der Demokratie. Leicht wird es Aristide, der demnach im Oktober nach Haiti zurückkehren wird, auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht haben. Denn das von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bereits kurze Zeit nach dem Putsch vom September 1991 über Haiti verhängte Embargo stürzte das Land tiefer in die Krise als je zuvor.

Doch als Druckmittel war dieses Embargo, nicht konsequent durchgeführt (Waffen und Erdöl konnten ungehindert angeliefert werden), völlig ungeeignet. Im Gegenteil: es ließ den Schwarzhandel blühen und neue Millionäre entstehen. In den Geschäften der Hauptstadt Port-au-Prince blieben die Schaufenster weiterhin gefüllt, kaufen konnte allerdings nur die reiche Oberschicht. Während Nacht für Nacht volle Transport-Jumbos landeten, versuchten die Boat- People der Misere übers Wasser zu entfliehen. Warum Exilpräsident Aristide dieses Embargo befürwortete, das hauptsächlich die ohnehin ärmsten Bevölkerungsteile traf, war schließlich auch vielen eingefleischten Aristide-Anhängern ein Rätsel. Für die Landbevölkerung weitab der Hautstadt spielte das Embargo übrigens die geringste Rolle; sie ist ohnehin viel zu arm, um auch nur das Geringste kaufen zu können, und ihre medizinische Versorgung war schon immer eine Katastrophe.

Auswirkungen des Embargos zeigen sich auch in der Diaspora, vor allem in New York. Die bereits zu Duvalier-Zeiten in die USA emigrierten Haitianer leiden doppelt unter wirtschaftlichen Problemen: ihnen macht die amerikanische Rezession ebenso zu schaffen wie die durch das Embargo gehemmten Handelsbeziehungen zum Mutterland. Dennoch gibt es genügend Leute, die der Aufhebung des Embargos sicher nicht gerade freudig entgegensehen, und das sind nicht nur die Reichen, die am Schwarzhandel verdienen, sondern auch einige OAS-Staaten, deren Wirtschaft vom Embargo profitierte, allen voran Haitis Nachbar, die Dominikanische Republik, die sich „im Namen der Demokratie“ besonders für das Handelsembargo einsetzte. Zu den Gewinnern zählt auch „American Airlines“, denn während die staatseigene Fluglinie „Haiti Trans Air“ den Flugverkehr oft einstellen mußte, hielten die wesentlich teureren Amerikaner den ihren aufrecht. Birgit Pape-Thoma

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